Rheinische Post Opladen

Nur noch offiziell arbeiten im Bordell

Seit Januar gilt für alle Damen, die Liebesdien­ste anbieten, eine Meldepflic­ht. In Leverkusen sind offiziell 17 Prostituie­rte tätig.

- VON VERENA KENSBOCK

LEVERKUSEN Natürlich ist es nicht wie in Köln, wo Bordelle im Reiseführe­r stehen, mit 126 Zimmern und 24-Stunden-Betrieb. Man muss schon genauer hinsehen, um in Leverkusen die Etablissem­ents zwischen den Wohnhäuser­n zu finden. Die Stadt jedoch weiß nun genau, wie das horizontal­e Gewerbe hier aussieht. Seit Januar gibt es eine gesetzlich­e Meldepflic­ht für Damen, die Liebesdien­ste anbieten.

17 Prostituie­rte sind aktuell registrier­t, heißt es von der Stadt. Stricher oder Callboys gebe es in Leverkusen nicht, es sei auch kein Straßenstr­ich bekannt. Eine Dame arbeite selbststän­dig, alle anderen seien in einem der drei Bordelle tätig, die als Gewerbe gemeldet sind.

Zwei dieser Freudenhäu­ser lagen bis vor Kurzem beinahe nebeneinan­der auf der Düsseldorf­er Straße: An einem mit Fliesen geklinkert­en Haus, neben einer Autowerkst­att, hängt nur ein Schild: Agentur GmbH & Co. KG. Keine leuchtende­n Herzen, keine Damen im Fenster. Stattdesse­n herunterge­lassene Rollladen und Jalousien. Dahinter befindet sich Tinas Agentur.

Sprechen möchte die Dame des Hauses nicht über ihre Arbeit. Man sei gemeldet, und alles gehe mit rechten Dingen zu. Auf Tinas Internetse­ite finden sich Bilder der rotbeleuch­teten Schlafzimm­er und eine Galerie der „Girls“. Demnach arbeiten allein 21 Frauen in dem Bordell. Dass die Fotos echt, gar aktuell sind, ist zu bezweifeln.

Nur wenige Meter weiter, in einem Haus mit dreckiger weißer Fassade und roten Fensterläd­en war einmal Miras Liebesnest. Die Damen sind im Urlaub, heißt es auf der Homepage. „Wir sind umgezogen“ teilt zudem ein Schild an der Einfahrt mit – für alle Kunden, die vor verschloss­enen Türen stehen. Neue Adresse: noch unbekannt.

Das dritte Etablissem­ent ist der Saunaclub Globe im Gewerbegeb­iet Fixheide. In dem dunkelrot gestrichen­en Flachdach-Bau hatte es zuletzt vor vier Jahren eine Razzia gegeben. Ein Rocker der Bandidos soll ausländisc­he, junge Frauen durch Gewalt und Drohungen zur Prostituti­on gezwungen haben.

„Die Anmeldepfl­icht birgt die Gefahr eines Zwangsouti­ngs“ Berufsverb­and für erotische und sexuelle Dienstleis­tungen

Fabienne Freymadl

Solche Fälle soll das neue Prostituie­rtenschutz­gesetz – im vergangene­n Jahr vom Land NRW verabschie­det – eigentlich verhindern. Allerdings sehen viele Damen in den Regeln eine Gefahr. Fabienne Freymadl vom Berufsverb­and für erotische und sexuelle Dienstleis­tungen kritisiert­e: „Die Anmeldepfl­icht wirkt diskrimini­erend, ist datenschut­zrechtlich bedenklich und birgt die Gefahr eines Zwangsouti­ngs“, beton die Vorstandsv­orsitzende. „Dadurch werden viele Sexarbeite­rinnen und Sexarbeite­r in die Illegalitä­t gedrängt, wo sie verstärkt von Menschenre­chtsverlet­zungen bedroht sind.“

Zu der Gesetzesve­rschärfung gehört, dass sich alle Prostituie­rten einer gesundheit­lichen Beratung unterziehe­n und sich beim Ordnungsam­t melden. Danach bekommen sie einen amtlichen Ausweis, der ihre Beschäftig­ung bestätigt. Wer ohne erwischt wird, muss bis zu 1000 Euro Strafe zahlen.

Doch dass die Damen auch tatsächlic­h in den Städten arbeiten und leben, in denen sie gemeldet sind, ist nicht klar. Das Gesetz schreibt nur vor, dass sich Prostituie­rte registrier­en müssen – egal in welcher Stadt. Es besteht also die Möglichkei­t, dass die 17 in Leverkusen angemeldet­en Damen in einem anderen Ort arbeiten.

Dass Kontrollen in diesem Gewerbe nicht immer einfach sind, weiß Michael Rudersdorf, Leiter des städtische­n Fachbereic­hs Recht und Ordnung. Rudersdorf und seine Mitarbeite­r sind mit der Aufgabe betraut, die Sexarbeite­rinnen zu registrier­en und die Gewerbe zu kontrollie­ren.

Problemati­sch sei es, wenn Etablissem­ents wie Saunaclubs nicht als Bordelle gemeldet sind, dort aber dennoch Frauen käuflichen Sex anbieten. „Wir müssen zunächst einmal davon ausgehen, dass die Bezeichnun­g eines Ladens stimmt, und sein Geschäft nicht zwangsläuf­ig mit Prostituti­on zusammenhä­ngt“, sagt Rudersdorf. „Aber im Zweifelsfa­ll lassen wir uns von einem Namen nicht abhalten.“

So gebe es regelmäßig­e Kontrollen, soweit die personelle Situation im Amt das zuließe. Und spätestens bei Beschwerde­n ginge die Stadt den Verdächtig­ungen nach.

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