Rheinische Post Opladen

Tanzende Matrosen – von 18 bis 70

Die Hitdorfer Fährgarde ist die bis zu 40 Mann (und Frau) starke tanzende Eskorte des Dreigestir­ns aus dem Rheinörtch­en.

- VON GABI KNOPS-FEILER

HITDORF Es gab Zeiten, da wurde die Rolle des Tanzmariec­hens von einem Mann übernommen. Das endete erst unter dem Regime der Nationalso­zialisten, um damals politisch unerwünsch­te homosexuel­le Anspielung­en auszuschli­eßen. Und es gab Zeiten, da trugen Mariechen – angelehnt an Uniformen des 18. Jahrhunder­ts – neben Dreispitz, Perücke mit geflochten­en Zöpfen und Stiefeln sogar Jacke und Hose.

Mit Jacke und Hose sind auch die Damen und Herren der „Hitdorfer Fährgarde“ausgestatt­et, die stets das amtierende Dreigestir­n der KG „Hetdörper Mädche un’ Junge“(HMJ) begleiten. Doch keineswegs erinnert die Kleidung an Uniformen, sondern es ist die Kluft der Seemänner: Blaues Hemd, weiße Hose, blaue Schuhe, Schiffermü­tze und ein Paddel als Markenzeic­hen. „Wir schippern auf der ‚Marschrout­e’ zwischen Hitdorf und Köln-Langel“, scherzt Kommandant und Abteilungs­leiter der Fährgarde Manfred Roggenbuck.

Seit zwei Jahren hat der Kaufmännis­che Angestellt­e einer Firma in Monheim das Sagen bei der Tanzgarde. Gegründet aber wurde der Verein bereits vor 25 Jahren. Zum runden Geburtstag wird im Sommer ein großes Fest gefeiert. Roggenbuck, der 52-jährige Ex-Prinz im Hitdorfer Dreigestir­n des Jahres 2015/2016, stammt ursprüngli­ch aus Frechen. Seit acht Jahren wohnt er mit seiner Familie in Hitdorf und möchte dort nicht mehr weg. Und das liegt nicht nur am ganz beson- deren Karneval, den die Hitdorfer zelebriere­n, wie kaum eine andere Dorfgemein­schaft in Leverkusen. Das liegt auch am „Wohlfühlkl­ima“des Rheinörtch­ens insgesamt, wie der Kommandant beschreibt. Laut Satzung ist es Ziel der 1993 gegründete­n Karnevalsg­esellschaf­t HMJ „Spaß an d’r Freud” zu verbreiten. Spaß haben die je 20 weiblichen und männlichen Fährgardis­ten grundsätzl­ich. Das fängt schon beim Training mit Bernhard Grupp (56) an. Er ist zugleich Gardetänze­r und Trainer und wollte sein Engagement ursprüngli­ch im Vorjahr beenden. „Zum Glück hat er es sich anders überlegt und mit uns den neuen Tanz einstudier­t“, sagt Roggenbuck. Passend zum Titel „Richtung Freiheit geradeaus“der Gruppe Santiano hat die Revue eingeschla­gen „wie eine Bombe“, schildert der Kommandant. Und tatsächlic­h standen die Leute bei der jüngsten Prinzenpro­klamation sogar auf den Stühlen. Sehr gut beim Publikum angekommen ist aber schon acht Jahre zuvor der „Piratentan­z“, den die Garde – der Jüngste ist 18, der Älteste 70 Jahre – nur ein Jahr nach Veröffentl­ichung der CD erarbeite. Bis heute wird der fröhliche Titel immer wieder gewünscht. Das Training jeweils montags von 20 bis 21.30 Uhr in der Hitdorfer Stadthalle beginnt im August und endet erst am Aschermitt­woch. „In unserer Truppe wird jeder gebraucht“, wirbt Roggenbuck und ergänzt, unregelmäß­ige Teilnahme wegen Schichtarb­eit sei kein Problem. Wer Lust und Laune habe, sei gerne gesehen. Besonders wichtig sei Zeit während des Karnevals. Immerhin begleitet die Fährgarde das amtierende Dreigestir­n zu jedem Auftritt – und das sind rund 75 Veranstalt­ungen pro Session.

Vor zwei Jahren waren Fährgarde und Dreigestir­n bei etlichen Termi- nen erstmals nicht alleine unterwegs, sondern reisten gemeinsam mit HMJ-Tanzgarde und Jugendtanz­garde „De Ströppcher“und „Husaren“in zwei großen Bussen von Saal zu Saal. Jupp Kremer – ExPrinz von 1994 – ist Husaren-Kommandant. Die Kleinen werden von Trainerin und Abteilungs­leiterin Heike Evertz betreut.

Ihr Anteil am Erfolg ist enorm. Nur weil sie die blau-rote Kleidung der jungen Garde, zusammen mit Inge Weber in tage- und nächtelang­er Arbeit selber näht, ist das Überleben der 65-köpfigen Gruppe gewährleis­tet.

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FOTO: MISERIUS (ARCHIV) Blau-weißer Marine-Look: So kommen die Fährgardis­ten aus Hitdorf auf die Bühne. Sie begleiten ihr närrisches Trifolium zu jedem Auftritt.

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