Landkarten und die Ästhetik des Zerstörten
Die Bonner Künstlerin Bettina Marx stellt beim Kunstverein Morsbroich aus. Titel der Schau: „Trommelnde Scherben“.
LEVERKUSEN Wenn Scherben fallen, können sie dann trommeln? Mitnichten. Doch Bettina Marx reizt dieses Gedankenspiel, die Ästhetik des Zerstörten. Statt die Scherben ordentlich zu rekonstruieren, pflegt sie deren zufällige Strukturen.
Jedenfalls im übertragenen Sinne. Tatsächlich ist die 1981 geborene Künstlerin aus Bonn eine „Malerin durch und durch“, wie Susanne Wedewer-Pampus sagte, die stellvertretende Vorsitzende des Kunstvereins Leverkusen. Eigens für ihre aktuelle Ausstellung „Trommelnde Scherben“in den Remisen von Schloss Morsbroich hat Marx zahlreiche Werke neu gestaltet. Das gilt speziell für die 21 hochkant im Raum angeordneten Bahnen – jeweils etwa vier Meter lang – aus chinesischem Papier, die wie ein kleines Labyrinth wirken. Im Grunde sind es Bildräume aus Papier und Farbe, Bewegungsstränge einzelner Fragmente, die sich zerstreuen und unterschiedlich gruppieren.
In der Kunst von Bettina Marx spielt Papier eine zentrale Rolle. Papier, sagt sie, verbindet in Architektur und Kultur. Die chinesische Kultur hat sie erst kürzlich kennengelernt. In ihrem Reisegepäck war unter anderem kleingefaltetes Papier, das die Arbeitsgrundlage für zwei großformatige Baumdrucke bildete. Nichts ist vorgegeben, signalisieren ihre abstrakten Zeichnungen und Malereien, die wesentlich geprägt sind durch die bereisten Länder. In drei Wochen startet sie erneut, diesmal nach Schweden. „Was mich interessiert sind Landschaftsräume und Orte an sich. Im Grunde genommen sind meine Ausstellungen wie große Landkarten angelegt“, sagt die Künstlerin, deren Arbeiten sich immer wieder aufs Neue bewegen.
Von Raum zu Raum, an der Schnittstelle zwischen Malerei und Installation. Das funktioniere im Wesentlichen über Raumerlebnisse, erläutert Marx, die ihre Kunst zugleich als Teil einer Inszenierung betrachtet. Ihr Bestreben ist es, Bilder schichtweise in den Raum zu öffnen. Da sind Farbe, Verdichtung und Auflösung und ein nicht greifbares Dazwischen. Assoziativ und poetisch. Susanne Wedewer-Pampus weiß genau, dass Menschen sich nur ungern im Zustand des Abstrakten verlieren. Aber genau das ist es, was den Reiz von Marx‘ Werken ausmacht: Sie lassen sich nicht in ein Schema packen, so eng sie auch mit einem konkreten Ort oder einer bestimmten Landschaft verbunden sein mögen. Sie behaupten ihre eigene Realität und fordern ihre eigene Sprache. Für Bettina Marx ist, wie sie sagt, Malerei diese Sprache, mit der sie umgeht.