Rheinische Post Opladen

Offiziell ist Düsseldorf rockerfrei

An der Reizgas-Attacke auf eine Altstadt-Pizzeria sollen Alt-Rocker beteiligt gewesen sein – aber nicht im Kampf für die Hells Angels.

- VON STEFANI GEILHAUSEN

Ihre Auflösung verkündete­n die Hells Angels „D-City“kurz vor Weihnachte­n mit knappen Worten und dem Hinweis auf „die politische Situation in Deutschlan­d“. Offiziell, heißt es bei der Polizei, ist Düsseldorf seither rockerfrei. Denn auch wenn das zweite Charter der Höllenenge­l „Oldtown“heißt, sei es weder in der Altstadt noch sonstwo in Düsseldorf ansässig, die JungRocker sind eher im Umland aktiv. Denn die Altstadt hatten die alten Herren von „D-City“im Griff.

Um so erstaunlic­her, dass ausgerechn­et deren Ex-Präsident bei der Attacke auf die Pizzeria Munzur gesehen worden sein soll. Deren Betreiber behauptet, die Hells Angels hätten Schutzgeld von ihm verlangt. Unsinn, sagt Rechtsanwa­lt Wolf Bonn, der den Ex-D-City-Präsidente­n vertritt. „Die Hells Angels haben mit der ganzen Sache nichts zu tun.“Bonn verweist auf Wirtesprec­herin Isa Fiedler, die sagt, Schutzgeld­erpressung sei „kein Thema“in der Altstadt. Die Polizei hat gestern Ermittlung­en gegen Unbekannt wegen des Verdachts auf Schutzgeld­erpressung eingeleite­t. Dieser Verdacht gründe sich bislang vor allem auf die Behauptung­en des Pizza-Bäckers in den Medien, heißt es.

Der hatte nach der Attacke nicht nur von Drohungen berichtet, sondern auch ein Hausverbot gegen die „Hells Angels Türkei/Duisburg“verhängt. Den Mann, den er bei dem Angriff gesehen haben will, würde dieses Verbot aber gar nicht treffen. Erstens hat er sein Hells-AngelsChar­ter aufgelöst. Und zweitens ist er, dezent gesagt, nicht gerade als Anhänger der türkischen Hells Angels bekannt.

Von der Türkei aus soll der nach einer Verurteilu­ng wegen Menschenha­ndels und Zuhälterei abgeschobe­ne Neca A. die Fäden der Hells Angels auch in Deutschlan­d ziehen. Ihm stehen jene Rocker nah, die vor einigen Jahren das Charter „Oldtown“gründeten, um den Alt-Rockern ihre Ge- schäfte streitig zu machen. Mehrfach hat es Scharmütze­l zwischen den Clubs gegeben, am Ende behielten die „D-City“-Rocker die Oberhand.

Der Auflösung des Charters im Dezember war ein Polizeiein­satz vorausgega­ngen. Die Rocker hatten zur Weihnachts­feier nach Rath geladen, die Polizei kontrollie­rte jeden Gast. Weil dabei Hinweise auftauchte­n, wonach die Rocker nicht nur Waffen hätten, sondern im Lauf der Party womöglich einen Angriff auf das Großbordel­l „Oceans“in der Nachbarsch­aft planten, hatte ein Spezialein­satzkomman­do das Lokal gestürmt. Die Rocker sprachen von Verwüstung und Polizeigew­alt, die Polizei wies diese Vorwürfe entschiede­n zurück.

Die Nähe der Partylocat­ion zum Großbordel­l hatte der Polizei nicht ohne Grund Sorge bereitet. Denn die „Oceans“-Betreiber hatten sich schon vor knapp zwei Jahren mit den Hells Angels angelegt. Personen, die „in irgendeine­r Form mit Rockerclub­s in Verbindung stehen“, erteilten sie Hausverbot und verzierten den entspreche­nde Aushang mit einem durchgestr­ichenen Logo der Hells Angels. Doch wie im Munzur richtet sich das Bordellver­bot ausdrückli­ch ganz besonders an die türkischen Höllenenge­l.

Nach dem Angriff auf die Pizzeria ermittelt die Polizei wegen des Verdachts auf Körperverl­etzung auch gegen den Ex-Rocker-Boss. Der war nach Informatio­nen unserer Redaktion nach der Attacke kurzzeitig in Gewahrsam genommen worden, ebenso wie der Pizzeria-Betreiber. Anwalt Bonn ist zuversicht­lich, dass die Polizei den Fall klären wird. Videos belegten, dass sich der Vorfall anders zugetragen habe als vom Pizza-Bäcker beschriebe­n.

Dass der und der Ex-Rocker sich nicht mögen, ist wohl kein Geheimnis. Dass sie einen Rockerkrie­g austragen, ist aber eher unwahrsche­inlich. Denn zumindest eins verbindet sie: die tiefe Abneigung gegen die türkischen Hells Angels.

 ?? RP-FOTO: C. REICHWEIN ?? Immer wieder kam es zu Streits unter Rockern. Dabei ging es oft ums Geschäft – etwa Sicherheit­sdienste an den Türen bestimmter Kneipen.
RP-FOTO: C. REICHWEIN Immer wieder kam es zu Streits unter Rockern. Dabei ging es oft ums Geschäft – etwa Sicherheit­sdienste an den Türen bestimmter Kneipen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany