Offiziell ist Düsseldorf rockerfrei
An der Reizgas-Attacke auf eine Altstadt-Pizzeria sollen Alt-Rocker beteiligt gewesen sein – aber nicht im Kampf für die Hells Angels.
Ihre Auflösung verkündeten die Hells Angels „D-City“kurz vor Weihnachten mit knappen Worten und dem Hinweis auf „die politische Situation in Deutschland“. Offiziell, heißt es bei der Polizei, ist Düsseldorf seither rockerfrei. Denn auch wenn das zweite Charter der Höllenengel „Oldtown“heißt, sei es weder in der Altstadt noch sonstwo in Düsseldorf ansässig, die JungRocker sind eher im Umland aktiv. Denn die Altstadt hatten die alten Herren von „D-City“im Griff.
Um so erstaunlicher, dass ausgerechnet deren Ex-Präsident bei der Attacke auf die Pizzeria Munzur gesehen worden sein soll. Deren Betreiber behauptet, die Hells Angels hätten Schutzgeld von ihm verlangt. Unsinn, sagt Rechtsanwalt Wolf Bonn, der den Ex-D-City-Präsidenten vertritt. „Die Hells Angels haben mit der ganzen Sache nichts zu tun.“Bonn verweist auf Wirtesprecherin Isa Fiedler, die sagt, Schutzgelderpressung sei „kein Thema“in der Altstadt. Die Polizei hat gestern Ermittlungen gegen Unbekannt wegen des Verdachts auf Schutzgelderpressung eingeleitet. Dieser Verdacht gründe sich bislang vor allem auf die Behauptungen des Pizza-Bäckers in den Medien, heißt es.
Der hatte nach der Attacke nicht nur von Drohungen berichtet, sondern auch ein Hausverbot gegen die „Hells Angels Türkei/Duisburg“verhängt. Den Mann, den er bei dem Angriff gesehen haben will, würde dieses Verbot aber gar nicht treffen. Erstens hat er sein Hells-AngelsCharter aufgelöst. Und zweitens ist er, dezent gesagt, nicht gerade als Anhänger der türkischen Hells Angels bekannt.
Von der Türkei aus soll der nach einer Verurteilung wegen Menschenhandels und Zuhälterei abgeschobene Neca A. die Fäden der Hells Angels auch in Deutschland ziehen. Ihm stehen jene Rocker nah, die vor einigen Jahren das Charter „Oldtown“gründeten, um den Alt-Rockern ihre Ge- schäfte streitig zu machen. Mehrfach hat es Scharmützel zwischen den Clubs gegeben, am Ende behielten die „D-City“-Rocker die Oberhand.
Der Auflösung des Charters im Dezember war ein Polizeieinsatz vorausgegangen. Die Rocker hatten zur Weihnachtsfeier nach Rath geladen, die Polizei kontrollierte jeden Gast. Weil dabei Hinweise auftauchten, wonach die Rocker nicht nur Waffen hätten, sondern im Lauf der Party womöglich einen Angriff auf das Großbordell „Oceans“in der Nachbarschaft planten, hatte ein Spezialeinsatzkommando das Lokal gestürmt. Die Rocker sprachen von Verwüstung und Polizeigewalt, die Polizei wies diese Vorwürfe entschieden zurück.
Die Nähe der Partylocation zum Großbordell hatte der Polizei nicht ohne Grund Sorge bereitet. Denn die „Oceans“-Betreiber hatten sich schon vor knapp zwei Jahren mit den Hells Angels angelegt. Personen, die „in irgendeiner Form mit Rockerclubs in Verbindung stehen“, erteilten sie Hausverbot und verzierten den entsprechende Aushang mit einem durchgestrichenen Logo der Hells Angels. Doch wie im Munzur richtet sich das Bordellverbot ausdrücklich ganz besonders an die türkischen Höllenengel.
Nach dem Angriff auf die Pizzeria ermittelt die Polizei wegen des Verdachts auf Körperverletzung auch gegen den Ex-Rocker-Boss. Der war nach Informationen unserer Redaktion nach der Attacke kurzzeitig in Gewahrsam genommen worden, ebenso wie der Pizzeria-Betreiber. Anwalt Bonn ist zuversichtlich, dass die Polizei den Fall klären wird. Videos belegten, dass sich der Vorfall anders zugetragen habe als vom Pizza-Bäcker beschrieben.
Dass der und der Ex-Rocker sich nicht mögen, ist wohl kein Geheimnis. Dass sie einen Rockerkrieg austragen, ist aber eher unwahrscheinlich. Denn zumindest eins verbindet sie: die tiefe Abneigung gegen die türkischen Hells Angels.