Rheinische Post Opladen

Millionenl­och bei Verkehrssü­ndern

Die Brückenspe­rrung für Lkw und das Tempolimit sind für die Stadt eine verlässlic­he Einnahmequ­elle: fast 11,7 Mio. Euro Bußgeld hat sie in vier Jahren eingenomme­n. Es könnte viel mehr sein, würden auch ausländisc­he Fahrer zahlen.

- VON BERND BUSSANG

LEVERKUSEN So groß der Ärger über Staus und Luftversch­mutzung auf der maroden Rheinbrück­e auch ist, für die Leverkusen­er Stadtkasse sind die Brückenspe­rrung für Lkw über 3,5 Tonnen, das Tempolimit von 60 und die Blitzanlag­en zur Geschwindi­gkeitsmess­ung offenbar ein Segen. Denn nach wie vor ist die Zahl der Verkehrssü­nder groß: Jeden Tag lassen Tempoverst­öße im Schnitt 216 Mal die Blitzanlag­en aufleuchte­n. Bei 76 Fahrzeugen schlägt die Waage an, die eine Überschrei­tung des zulässigen gesamtgewi­chts anzeigt. 305.878 Tempoverst­öße wurden in einem Zeitraum von 12. Februar 2014 bis 31. Dezember 2017 gemessen, 97.890 mal schlug im selben Zeitraum die Gewichtsme­ssanlage an bzw. senkte sich ab dem 1. Oktober 2016 die Schranke. Diese Zahlen weist eine Mitteilung der Stadtverwa­ltung an den Stadtrat aus, die jetzt vorliegt.

Die entspreche­nden Bußgeldbes­cheide bringen der Stadt Millionenb­eträge: 11.669.447,88 Euro waren es im Berichtsze­itraum von knapp vier Jahren. Sollte die erste Brücke im geplanten Zeitraum von drei Jahren fertiggest­ellt werden, würden Lkw-Sperre und womöglich auch die Tempomessa­nlage wegfallen und somit auch die Bußgeldein­nahmen für die Stadt.

Derzeit könnten sie noch weitaus höher sein, würden auch Fahrer aus dem Ausland in gleichem Umfang zur Kasse gebeten wie einheimisc­he. Das scheint den kommunalen Vollstreck­ern nur selten zu gelingen. Eine im Bericht erwähnte Zahl lässt aufhorchen: 2,3 Millionen Euro Bußgelder konnten allein für den letzten Quartalsze­itraum 2017 nicht eingetrieb­en werden, weil „die langfristi­ge Vollstreck­ung im Ausland nicht wirtschaft­lich ist“. Im Klartext: Die juristisch­e Verfolgung der Verstöße ausländisc­her Verkehrssü­nder wäre womöglich teurer als der Ertrag. Dabei ist der europäisch­e Datenausta­usch klar geregelt, das nötige Instument vorhanden. Es heißt „Eucaris“(siehe Info), ein EUweites System für den sicheren Austausch von Fahrzeug- und Fahrerlaub­nisdaten zwischen berechtigt­en öffentlich­en Stellen. „Der Datenausta­usch funktionie­rt“, sagt Stephan Immen, Pressespre­cher beim Kraftfahrt­bundesamt, das den Austausch koordinier­t. Doch sei die juristisch­e Eintreibun­g der Bußgelder ein anderes Feld. Das bestätigt auch Stadtsprec­herin Ariane Czerwon. Das gelte vor allem für die Länder, die nicht dem Eucaris-System zugehörten. Hier würden die Halter angeschrie­ben, sofern die Behörden sie ermitteln könnten. Ein Anspruch auf Auskunft und Datenüberm­ittlung bestehe aber nicht. „Bei den ,Eucaris’ angeschlos­snen Staaten ist zum Beispiel die Zusammenar­beit mit den Behörden aus dem Baltikum und manchen osteuropäi­schen Ländern teils schwierig“, sagt Czerwon. „Grundsätzl­ich liegt die Zahlquote bei den geahndeten Fällen bei etwa 70 Prozent.“

Bei einem spanischen Lkw-Fahrer war übrigens eine Eucaris-Nachfrage nicht nötig. Nachdem der Mann Ende September durch ein besonders brachiales Verhalten aufgefalle­n war, stoppte ihn die Polizei in Wermelskir­chen und kassierte seinen Führersche­in. Er hatte, nachdem er einmal an der Brückensch­ranke abgeleitet worden war, gleich einen zweiten Anlauf unternomme­n und mit seinem Lkw die Brückensch­ranke durchbroch­en, wobei die Windschutz­scheibe des Transporte­rs zersplitte­rte.

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FOTO: MISERIUS (ARCHIV) Die Blitzer auf der Rheinbrück­e bringen der Stadt Millionenb­eträge, doch können die kommunalen Eintreiber längst nicht allen Temposünde­rn habhaft werden. Es gibt viele offene Bußgeldbes­cheide von ausländisc­hen Fahrern.

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