Aus der Bahn geworfen
Den deutschen Eisschnellläufern droht ein Debakel. Nico Ihle wird über 1000 Meter nur Achter. Das Team bleibt so wohl ohne Medaille.
PYEONGCHANG (sid) Nico Ihle winkte im Ziel trotz Führung zweifelnd ab, wenige Minuten später war der Fehlschlag traurige Gewissheit: Auch der letzte Hoffnungsträger hat die Ehre der deutschen Eisschnellläufer bei den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang nicht retten können. Vier Tage nach dem Rennen über 500 Meter musste sich Deutschlands bester Eissprinter am Freitag über 1000 Meter in 1:08,93 Minuten erneut mit dem enttäuschenden achten Platz begnügen.
„Ich muss das erst einmal sacken lassen. Es ist echt schade, dass es nicht zu mehr gereicht hat. Das Ziel war ein Top-3-Ergebnis, das gebe ich ganz ehrlich zu“, sagte Ihle. Zugleich bekannte er: „Die zweite Runde war leider zu langsam. Das darf nicht sein.“
Die Deutsche Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG) steht nach dem Debakel von Sotschi 2014 damit unmittelbar vor der nächsten Nullrunde. Ihle war der letzte Medaillenaspirant des einst erfolgreichen Verbandes, der auch wegen der überwiegend schwachen Auftritte seiner Athleten nun mit einer schlechten Verhandlungsbasis in die Gespräche um Fördergelder gehen muss. Die fünfmalige Olympiasiegerin Claudia Pechstein besitzt im abschließenden Massenstart am Samstag höchstens Außenseiterchancen.
Der Sieg über die lange Sprintdistanz ging in 1:07,95 Minuten an Kjeld Nuis, der den Niederlanden das siebte Eisschnelllauf-Gold bescherte. Der 1500-Meter-Olympiasieger und Weltmeister verwies 500Meter-Olympiasieger Havard Lorentzen (Norwegen/1:07,99) und Kim Tae Yun (Südkorea/1:08,22) auf die Plätze. Joel Dufter (Inzell) als zweiter deutscher Starter kam in 1:09,46 nicht über den 14. Platz hinaus.
Ihle war gegen den Polen Konrad Niedzwiedzki als klarer Favorit in das zwölfte von 18 Duellen des Abends gestartet. Er habe nichts dagegen, auf einen Gegner zu treffen, dem „ich erst einmal eine schöne Breitseite verpasse“, hatte Ihle im Vorfeld gesagt.
Der forschen Ansage ließ Ihle Taten folgen, das Duell mit Niedzwiedzki (1:10,02) gewann er spielend. Doch seine große Schwäche bereitete ihm erneut Probleme: Anders als über die 500 Meter blieb er zwar ohne Fehlstart, in der Innenkurve wurde Ihle aber von den Fliehkräften viel zu weit nach außen getragen. Er brachte den Lauf zwar passabel zu Ende, trotz der zwischenzeitlichen Bestzeit haderte er aber schon im Ziel.
Eine Zeit knapp über 1:08,00 Minuten hatte Ihle für die Medaillen prognostiziert. Angesichts seiner 1:08,93 Minuten war dem erfahrenen Sprinter sofort klar, dass die erste Olympiamedaille ein Wunschtraum bleiben würde. Nur zwei Läufe später wurde er aus den Podesträngen verdrängt.
Die deutschen EisschnelllaufMänner warten somit seit 2002 weiter auf eine Olympiamedaille. Vor 16 Jahren in Salt Lake City hatte Jens Boden 5000-Meter-Bronze gewonnen. Die letzten deutschen SprintMedaillen bei den Männern holten 1992 in Albertville die Olympiasieger Uwe-Jens Mey (500 Meter) und Olaf Zinke (1000 Meter).
Vor vier Jahren war Ihle immerhin der beste deutsche Athlet auf der Eisbahn. Damals wurde er Vierter über 1000 Meter. Am Ende nützte es trotzdem nichts: In Sotschi holten die Sportler der DESG erstmals seit 50 Jahren keine Olympiamedaille. Dieses Debakel wird sich in Pyeongchang aller Voraussicht nach wiederholen. Es sei denn, Claudia Pechstein gelingt heute im abschließenden Massenstart (12 Uhr) ein Wunder.