Rheinische Post Opladen

Heiße Polit-Diskussion um Rats-TV

Der Finanzauss­chuss ist gespaltene­r Meinung zum Thema Internetüb­ertragung. Kritiker führen die hohen Kosten an.

- VON INA BODENRÖDER

LEVERKUSEN „Transparen­z ist angesagt“: Unter dieser Prämisse hatte Ratsmitgli­ed Klaus ReuschelSc­hwitalla (Linke) 2017 beantragt, öffentlich­e Ratssitzun­gen im Internet zu streamen und die Beratungen und Beschlüsse auf diese Weise einer breiten Öffentlich­keit zugänglich zu machen. Diesen Vorstoß hat der Haupt- und Finanzauss­chuss am Montagaben­d ausgebrems­t, eine finale Entscheidu­ng dafür oder dagegen aber noch nicht getroffen. Allerdings überwogen fraktionsü­bergreifen­d die Bedenken. Die Verwaltung hatte den Ausschuss- mitglieder­n empfohlen, zum jetzigen Zeitpunkt auf die Direkt-Übertragun­gen öffentlich­er Ratssitzun­gen auf der städtische­n Homepage, auf Aufzeichnu­ngen und Mitschnitt­e zu verzichten. Während Reuschel-Schwitalla in seinem Antrag argumentie­rte, dass Aufzeichnu­ngen unabhängig von der Einwilligu­ng der Betroffene­n möglich sein sollten, weil sich insbesonde­re die Ratsmitgli­eder in ein öffentlich­es Amt hätten wählen lassen, sieht das Gesetz das anders: Ratsmitgli­eder, Verwaltung­smitarbeit­er oder Zuschauer müssten vorher ihre schriftlic­he Einwilligu­ng erteilen. „Die Aufzeichnu­ngen aus dem Le- verkusener Rat sind eine Katastroph­e“, berichtete Bürgermeis­ter Frank Steffes. Dort sei eine Kamera auf den Oberbürger­meister gerichtet, eine andere auf ein Rednerpult, von dem aus die Ratsmitgli­eder sprächen.

Auch in Leichlinge­n dürften ohne weitere Zustimmung­en nur der Bürgermeis­ter und der Kämmerer gezeigt werden. Kritisch beurteilte­n die Ausschussm­itglieder auch die Kosten: Wollte die Stadt die Aufnahme selber machen, müsste sie neben den Personalko­sten rund 10.000 Euro für Kameras, Notebooks, Mikrofone, Streamings­erver und Verkabelun­gsarbeiten, bis zu 8000 Euro für Software und bis zu 5000 Euro für Speicherka­pazitäten der Aufzeichnu­ngen zahlen. Für einen externen Dienstleis­ter fielen etwa 1.200 Euro pro Sitzung an, der Rat kommt rund sieben Mal im Jahr zusammen.

Jens Weber (CDU) erkannte dennoch den Gedanken der Transparen­z an, sah in der Veröffentl­ichung sogar eine Werbemögli­chkeit für politische Teilhabe. Er plädierte dafür, weiter darüber nachzudenk­en. Matthias Ebecke (SPD) hielt die Entscheidu­ng für eine persönlich­e Sache jedes Ratsmitgli­edes und forderte die Verwaltung auf, sie bei der nächsten Sitzung einzeln dazu zu befragen. Martin Steinhäuse­r (BWL), Lothar Esser (FDP) und Wolfgang Müller-Breuer (Grüne) hingegen hielten das Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen für deutlich zu schlecht: „Dieser Aufwand ist viel zu groß, die Zahl der User dafür viel zu gering“, sagte Steinhäuse­r, offenbar skeptisch, wie groß das tatsächlic­he Interesse an den Debatten der Lokalpolit­iker in der Bevölkerun­g ausfallen würde.

Bürgermeis­ter Steffes wies überdies darauf hin, dass die Verwaltung­smitarbeit­er sich nicht filmen lassen würden. Das Thema soll nicht zu den Akten gelegt werden, wurde aber in den Rat vertagt.

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