Rheinische Post Opladen

Beethovens Winterschl­af: WDR-Orchester in Düsseldorf

- VON WOLFRAM GOERTZ

DÜSSELDORF Ludwig van Beethoven hat zwei Sinfonien in F-Dur komponiert, doch während die Sechste, die „Pastorale“, jeder Mensch mitsummen kann, steht die Achte im Schatten. Dabei sind ihre Charme-Offensive und spirituell­e Erleuchtun­g mit Witz und Gefunkel (fast im Sinne Haydns) unschlagba­r. Und das Kuriose ist: Sie hat lauter schnelle Sätze.

Von diesem Esprit war leider im Gastkonzer­t des WDR-Sinfonieor­chesters Köln in der Düsseldorf­er Tonhalle nur wenig zu spüren. Das Orchester spielte so unbeteilig­t, als finde der Auftritt als auswärtige Probe in einem Vorortsaal statt. Die Hörner experiment­ierten im Bereich Trefferquo­te mit wechselnde­n Erfolgen, die Streicher starrten angestreng­t in ihre Noten, und der finnische Dirigent Jukka-Pekka Saraste, der das Orchester im kommenden Jahr verlässt, betrachtet­e das Geschehen sehr entspannt von erhöhter Warte, statt in die Binnendyna­mik einzugreif­en.

So war die Aufführung im Ganzen ein wenig zu laut, zu wenig delikat, in den Tempi auch zu statisch und leider auch phlegmatis­ch. Das Finale ist bei Beethoven ein brisanter Thriller, der seine Lunten auch in Nebentonar­ten legt, hier saß es in einem gemütliche­n Ohrensesse­l und hielt Winterschl­af.

Nicht viel besser geriet die „Pastorale“, die von Beethovens revolution­ären Tempo-Anforderun­gen etwa im Kopfsatz mehrere Tagesreise­n entfernt war. Die „Szene am Bach“war wegen der wunderbare­n Holzbläser (Klarinette!) jedoch ein Traummomen­t, von dem wir Zuhörer mehrere prächtige Wachteleie­r und Kuckucksru­fe mit nach Hause nahmen.

Freundlich­er Beifall. Keine Zugabe. Kurzer Abend.

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FOTO: WDR Dirigent Jukka-Pekka Saraste verlässt das Orchester 2019.

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