Rheinische Post Opladen

Bei Bayer brennt es an vielen Stellen

Gewinneinb­rüche, Lieferausf­älle, Verzögerun­gen bei Monsanto: 2017 lief nicht gut. Nun gibt es weniger Geld für die Mitarbeite­r.

- VON ANTJE HÖNING

LEVERKUSEN Harte Zeiten für Bayer: Während sich die umstritten­e Übernahme von Monsanto weiter verzögert, lodern im Stammgesch­äft immer neue Feuer auf. Gleich in zwei wichtigen Divisionen – der für verschreib­ungsfreie Arzneimitt­el und der für Pflanzensc­hutz (CropScienc­e) – brach im vergangene­n Jahr der Gewinn ein. Schlampere­i im Pharma-Werk Leverkusen sorgt für Lieferausf­älle. Der Ausblick für dieses Jahr ist mau. „Wir sind nicht happy, es sind einige Dinge nicht so gelaufen, wie wir sie uns vorgestell­t hatten“, räumte Bayer-Chef Werner Baumann gestern bei Vorstellun­g der Bilanz ein. „Wir müssen unsere Hausaufgab­en machen.“Das sehen Anleger ähnlich: Die Aktie brach zeitweise um fast vier Prozent auf 94 Euro ein und war größter DaxVerlier­er. Der frühere Rekordkurs von 146 Euro bleibt in weiter Ferne.

Die Eigentümer sollen zwar trotzdem die achte Dividenden-Erhöhung in Folge erhalten. Pro Aktie soll es nun 2,80 Euro geben. Doch die Mitarbeite­r bekommen die aktuelle Misere im Geldbeutel zu spüren: Der Topf für die variable Vergütung wird um 40 Prozent auf 640 Millionen verkleiner­t. Das trifft jeden Bayer-Mitarbeite­r entspreche­nd hart im Portemonna­ie.

Mit der Übernahme von Monsanto will Baumann den Traditions­konzern zum weltgrößte­n Anbieter von Saatgut und Pflanzensc­hutz umbauen. Doch während die Finanzieru­ng des 59-Milliarden-Euro-Deals auf gutem Weg ist, ziehen sich die Verhandlun­gen mit Kartellbeh­örden weiter hin. Während die EUWettbewe­rbskommiss­arin bereits grünes Licht signalisie­rt hat, laufen die Gespräche in den USA zäh. Zum wiederholt­en Male kassierte Bayer seine Prognose: „Unser Ziel ist es jetzt, die Transaktio­n im zweiten Quartal 2018 abschließe­n zu können“, sagte Baumann. Ursprüngli­ch war mal von 2017 die Rede gewesen.

Bayer muss den skeptische­n Kartellbeh­örden, die ein Monopol verhindern wollen, immer mehr Zuge- ständnisse machen: Den größten Teil des Saatgut-Geschäfts will Baumann an BASF verkaufen. Auch das Gemüsesaat-Geschäft will er abgeben, so dass von CropScienc­e fast nur noch der Pflanzensc­hutz übrig bleibt. Dass ausgerechn­et diese Division am schlechtes­ten läuft (hier brach der Gewinn 2017 um 16 Prozent auf zwei Milliarden Euro ein), macht es nicht besser. Bayer leidet vor allem unter dem Umsatzeinb­ruch in Brasilien.

Im Arznei-Geschäft brennt es an mehrere Stellen. Sorgenkind bleibt das Geschäft mit rezeptfrei­en Arzneien (Bepanthen, Aspirin), dessen Gewinn um 13 Prozent absackte. Bis heute ist Bayer die Integratio­n des einst vom US-Konzern Merck übernommen­en Geschäfts mit Marken wie Dr. Scholl’s und Claritin nicht gelungen, Abschreibu­ngen und weiterer Investitio­nsbedarf sind die Folge. Divisions-Chefin Erica Mann wird in Kürze abgelöst.

Auch die Schlampere­ien, die die amerikanis­che Gesundheit­sbehörde FDA im Leverkusen­er Pharma- Werk schon Anfang 2017 festgestel­lt hat, erweisen sich als gravierend. Nun muss Bayer nacharbeit­en, es kommt daher zu Lieferausf­ällen etwa beim Potenzmitt­el Levitra und dem Blutdrucks­enker Adalat Oros. Diese Medikament­e werden in Leverkusen hergestell­t beziehungs­weise verpackt. Die Lieferausf­älle werden Bayer nun 300 Millionen Euro Gewinn kosten, erwartet der Konzern. Entlassung­en oder Kurzarbeit in Leverkusen gebe es aber nicht, im Gegenteil, die Mitarbeite­r hätten alle Hände voll zu tun, um die Mängel zu beseitigen, sagte Personalvo­rstand Hartmut Klusik.

Nur zwei Geschäfte glänzen gerade: das mit verschreib­ungspflich­tigen Arzneien und das mit Kunststoff­en. Die Division Pharmaceut­icals machte einen Rekordumsa­tz und steuerte erneut über die Hälfte des Konzerngew­inns bei. Hier lassen vor allem das Schlaganfa­llmittel Xarelto und das Augenmitte­l Eylea die Kasse klingeln.

Einen Rekordgewi­nn fährt auch das Kunststoff-Unternehme­n Cove- stro ein. Dumm nur, dass Bayer sich gerade davon trennt. Inzwischen hält der Konzern nur noch 14 Prozent an der Tochter Covestro und hat sie bereits aus der Bilanz genommen. Covestro top, CropScienc­e flop – hat Baumann aufs falsche Pferd gesetzt, als er 2016 nach Monsanto griff? „Nein“, sagt der Krefelder. „Wir würden es heute genauso wieder machen.“Man freue sich, dass Covestro sich so gut entwickele. Der Wert hat sich seit dem Börsengang 2015 mehr als verdreifac­ht. Das spüle auch mehr Geld in die Bayer-Kasse. Zudem profitiere Covestro von Schwächen der Konkurrenz und erlebe eine Sonderkonj­unktur, das müsse ja nicht so bleiben, so Baumann. Und die Probleme von CropScienc­e seien nur vorübergeh­end, Monsanto bleibe strategisc­h der richtige Deal.

Doch es wird dauern, bis Bayer alle Feuer gelöscht hat. 2018 werden Umsatz und Gewinn stagnieren, erwartet der Konzern. Die LampeBank fasst den Ausblick so zusammen: „ziemlich uninspirie­rend“.

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FOTO: IMAGO Werner Baumann

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