Kaum Chancen für Diesel-Klagen
Der ADAC hält Schadenersatzforderungen von Autofahrern gegen den Staat für aussichtslos.
DÜSSELDORF/BERLIN Deutschlands oberster Verbraucherschützer Klaus Müller hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aufgefordert, die Lösung des Diesel-Problems für Millionen Autofahrer zur Chefsache zu machen. „Leider gibt es keinen einfachen und schnellen rechtlichen Weg, die Autohersteller zu verpflichten, Hardware-Nachrüstung anzubieten. Deshalb muss der politische Druck viel größer werden“, sagte der Chef des Bundesverbands Verbraucherzentrale (vzbv). „Die Bundeskanzlerin muss die Lösung des Problems zur Chefsache machen. Besitzer von Euro-5-Diesel brauchen die Nachrüstung, um auch nach dem 1. September 2019 noch mit ihren Autos in die Innenstädte fahren zu können. Der Verbraucher darf hier nicht alleine auf den Kosten sitzen bleiben.“
Das Bundesverwaltungsgericht hatte am Dienstag Diesel-Fahrverbote in den Städten als letztes Mittel zur Luftverbesserung grundsätzlich für zulässig erklärt. Das Urteil führt noch nicht automatisch zu Fahrverboten. Allerdings hat es den Handlungsdruck in den betroffenen 70 Städten weiter erhöht. Für Dieselfahrer bedeuten drohende Fahrverbote weitere Wertverluste.
Verbraucherschützer-Chef Müller erklärte, sein Verband prüfe, ob Schadenersatzklagen wegen der Wertverluste gegen Autobauer oder Kommunen möglich sind. „Ob und welche Ansprüche Verbraucher hier haben, wird der vzbv ganz genau prüfen.“Die geplante Musterfeststellungsklage, die es Verbrauchern ermöglichen würde, sich einer Verbandsklage anzuschließen, „muss das erste Gesetzesvorhaben des Justizministeriums werden“, forderte Müller. „Die Musterfeststellungsklage ist grundsätzlich auch geeignet, eine Entscheidung über Schadensersatzansprüche von Verbrauchern bei Fahrverboten schnell und effizient herbeizuführen.“Das Bundesverwaltungsgericht hatte Entschädigungen allerdings ausgeschlossen. Der ADAC hält Klagen gegen den Staat daher für aussichtslos. „Der ADAC bereitet keine Klagen auf Entschädigung gegen den Staat oder die Autohersteller vor.“Das Bundesverwaltungsgericht habe entschieden, dass keine finanziellen Entschädigungen des Staates für die Einschränkungen der Nutzung bestehen. „Daher muss diese Frage nicht mehr höchstrichterlich geklärt werden“, erklärte ein Sprecher.
Dieselfahrverbote müssten unbedingt vermieden werden, forderten gestern Vertreter aller Parteien im Düsseldorfer Landtag. In NRW sind 3,1 Millionen Diesel-PKW zugelassen, davon wären 2,6 Millionen von Fahrverboten betroffen. Die Autoindustrie solle Nachrüstungen zahlen. Eine Sonderrolle nahm die AfD ein, die eine Entschärfung der Grenzwerte forderte. Die Landesregierung werde Fahrverbote mit einem Bündel von Maßnahmen abwenden, sagte Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU). Dazu gehörten die Nachrüstung von Linienbussen, die Förderung des Nahverkehrs, der Ausbau von Radwegen, intelligentere Verkehrsleitsysteme, eine bessere Lade-Infrastruktur für Elektroautos.
Die NRW-Grünen forderten den Düsseldorfer Handwerkspräsidenten Andreas Ehlert in einem Brief zum Schulterschluss auf. Ehlert hatte gewarnt, dass Fahrverbote Handwerkerjobs bedrohten. „Wir glauben, dass es dringend geboten ist, gemeinsam dafür zu streiten, dass die rund 190.000 Handwerksbetriebe in NRW ohne Mehrkosten auch weiterhin ihre Kunden erreichen können“, schreibt Grünen-Chefin Mona Neubaur. Gemeinsam müsse man für von der Industrie finanzierte Umrüstungen streiten.