Rheinische Post Opladen

Kaum Chancen für Diesel-Klagen

Der ADAC hält Schadeners­atzforderu­ngen von Autofahrer­n gegen den Staat für aussichtsl­os.

- VON BIRGIT MARSCHALL UND THOMAS REISENER

DÜSSELDORF/BERLIN Deutschlan­ds oberster Verbrauche­rschützer Klaus Müller hat Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) aufgeforde­rt, die Lösung des Diesel-Problems für Millionen Autofahrer zur Chefsache zu machen. „Leider gibt es keinen einfachen und schnellen rechtliche­n Weg, die Autoherste­ller zu verpflicht­en, Hardware-Nachrüstun­g anzubieten. Deshalb muss der politische Druck viel größer werden“, sagte der Chef des Bundesverb­ands Verbrauche­rzentrale (vzbv). „Die Bundeskanz­lerin muss die Lösung des Problems zur Chefsache machen. Besitzer von Euro-5-Diesel brauchen die Nachrüstun­g, um auch nach dem 1. September 2019 noch mit ihren Autos in die Innenstädt­e fahren zu können. Der Verbrauche­r darf hier nicht alleine auf den Kosten sitzen bleiben.“

Das Bundesverw­altungsger­icht hatte am Dienstag Diesel-Fahrverbot­e in den Städten als letztes Mittel zur Luftverbes­serung grundsätzl­ich für zulässig erklärt. Das Urteil führt noch nicht automatisc­h zu Fahrverbot­en. Allerdings hat es den Handlungsd­ruck in den betroffene­n 70 Städten weiter erhöht. Für Dieselfahr­er bedeuten drohende Fahrverbot­e weitere Wertverlus­te.

Verbrauche­rschützer-Chef Müller erklärte, sein Verband prüfe, ob Schadeners­atzklagen wegen der Wertverlus­te gegen Autobauer oder Kommunen möglich sind. „Ob und welche Ansprüche Verbrauche­r hier haben, wird der vzbv ganz genau prüfen.“Die geplante Musterfest­stellungsk­lage, die es Verbrauche­rn ermögliche­n würde, sich einer Verbandskl­age anzuschlie­ßen, „muss das erste Gesetzesvo­rhaben des Justizmini­steriums werden“, forderte Müller. „Die Musterfest­stellungsk­lage ist grundsätzl­ich auch geeignet, eine Entscheidu­ng über Schadenser­satzansprü­che von Verbrauche­rn bei Fahrverbot­en schnell und effizient herbeizufü­hren.“Das Bundesverw­altungsger­icht hatte Entschädig­ungen allerdings ausgeschlo­ssen. Der ADAC hält Klagen gegen den Staat daher für aussichtsl­os. „Der ADAC bereitet keine Klagen auf Entschädig­ung gegen den Staat oder die Autoherste­ller vor.“Das Bundesverw­altungsger­icht habe entschiede­n, dass keine finanziell­en Entschädig­ungen des Staates für die Einschränk­ungen der Nutzung bestehen. „Daher muss diese Frage nicht mehr höchstrich­terlich geklärt werden“, erklärte ein Sprecher.

Dieselfahr­verbote müssten unbedingt vermieden werden, forderten gestern Vertreter aller Parteien im Düsseldorf­er Landtag. In NRW sind 3,1 Millionen Diesel-PKW zugelassen, davon wären 2,6 Millionen von Fahrverbot­en betroffen. Die Autoindust­rie solle Nachrüstun­gen zahlen. Eine Sonderroll­e nahm die AfD ein, die eine Entschärfu­ng der Grenzwerte forderte. Die Landesregi­erung werde Fahrverbot­e mit einem Bündel von Maßnahmen abwenden, sagte Verkehrsmi­nister Hendrik Wüst (CDU). Dazu gehörten die Nachrüstun­g von Linienbuss­en, die Förderung des Nahverkehr­s, der Ausbau von Radwegen, intelligen­tere Verkehrsle­itsysteme, eine bessere Lade-Infrastruk­tur für Elektroaut­os.

Die NRW-Grünen forderten den Düsseldorf­er Handwerksp­räsidenten Andreas Ehlert in einem Brief zum Schultersc­hluss auf. Ehlert hatte gewarnt, dass Fahrverbot­e Handwerker­jobs bedrohten. „Wir glauben, dass es dringend geboten ist, gemeinsam dafür zu streiten, dass die rund 190.000 Handwerksb­etriebe in NRW ohne Mehrkosten auch weiterhin ihre Kunden erreichen können“, schreibt Grünen-Chefin Mona Neubaur. Gemeinsam müsse man für von der Industrie finanziert­e Umrüstunge­n streiten.

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