VRR-Chef attackiert Deutsche Bahn
Martin Husmann wirft der Bahn vor, zu kurze Züge bereitzustellen.
GELSENKIRCHEN (maxi) Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) hat scharfe Kritik an der Deutschen Bahn (DB) geübt. Vorstandschef Martin Husmann sagte bei der Vorlage der Bilanzdaten für 2017, dass auf vielen Linien – insbesondere auf denjenigen der DB – die Behängung nicht stimme. Sprich: Die Verkehrsunternehmen setzten kürzere Züge ein, als sie es laut Vertrag eigentlich müssten. „Dass die Kunden einen engen Stehplatz bekommen oder gar auf andere Züge ausweichen müssen, ist nicht die Qualität, die ich mir wünsche“, sagte Husmann. „Weil weniger Waggons als geplant zur Verfügung stehen, bauen sich zusätzlich neue Verspätungen auf, die nur schwer wieder aufgefangen werden können.“Die Situation habe sich 2017 im Vergleich zu den vorangegangenen Jahren noch einmal deutlich verschlechtert.
Husmann erklärte, der Grund seien offenbar Probleme in den DBWerkstätten. An fehlendem Personal oder zu wenig Geld könne es nicht liegen, sagte der VRR-Chef. Er vermute, dass ein Grund die Tarifverträge der Bahn seien: „Es kann vorkommen, dass ein Zug zur Wartung in die Werkstatt kommt, dort aber nur Personal ist, dass für diesen Zugtyp laut Tarifvertrag nicht eingesetzt werden darf.“Der Zug müsse dann unverrichteter Dinge wieder abfahren.
„Leider konnten wir im letzten Jahr nicht bei allen Zugfahrten die mit dem VRR vereinbarten Sitzplatzkapazitäten bieten“, räumte ein Bahn-Sprecher ein und entschuldigte sich bei den Fahrgästen. Ursachen seien etwa Schäden an Fahrzeugen durch Unwetter, sowie Wild- und Bahnübergangsunfälle gewesen. „Hinzu kamen zusätzliche Arbeiten an der Fahrzeugflotte durch Brandschutz – und Umbaumaßnahmen.“Inzwischen stünden wieder mehr Kapazitäten zur Verfügung. „Wir arbeiten daran, die Qualität weiter zu steigern“, so der Bahn-Sprecher.
Husmann stieß sich außerdem daran, dass die Bahn den Fernverkehr vorrangig durch das Nadelöhr Ruhrgebiet leite und dadurch massive Verspätungen im Nahverkehr in Kauf nehme. Ein Bahn-Sprecher sagte, der Grund für Vorrang liege darin, dass der langsame Zug den schnellen Zug aufhalten würde. Zudem sei die Taktfrequenz bei den langlaufenden Züge deutlich geringer ist als im Regionalverkehr. „Im Regionalverkehr gibt es mehr und häufigere Möglichkeiten, im Falle einer Verspätung eine alternative Verbindung zu nutzen“, so der Bahn-Sprecher.
VRR-Chef Husmann sagte, Testfahrten hätten ergeben, dass durch den Vorrang keine Minute aufgeholt werden konnte. „Stattdessen wird ein empfindlich abgestimmter Nahverkehrs-Fahrplan durcheinandergebracht“, kritisierte er.
Der VRR kündigte zudem an, den Druck auf die Deutsche Bahn zu erhöhen, sich noch besser um ihre Infrastruktur zu kümmern. Husmann will dafür den Stationsbericht 2019 um den Punkt „Bahnhöfe“erweitern. In dem jährlich erscheinenden Report bewertet der VRR die Qualität der Haltestellen, um über die Öffentlichkeit den Druck auf Kommunen und Bahn aufrechtzuerhalten, die Haltepunkte ordentlich in Schuss zu halten. Husmann, Jahrgang 1955, wird bei Vorlage des Berichts übrigens selbst nicht mehr im Amt sein. Er scheidet nach 15 Jahren an der Spitze des Verkehrsverbunds zum Jahresende aus.