Rheinische Post Opladen

Falschpark­er und Heuchler am Wegesrand

Die Feuerwehr absolviert­e Testfahrte­n, um das Durchkomme­n im Ernstfall zu proben. Mit erschrecke­nden Ergebnisse­n.

- VON ULRICH SCHÜTZ

LEVERKUSEN Großfeuer in der Lohrbergst­raße. Ein Haus steht Montagaben­d in Flammen. In den Fenstern sind verzweifel­te Personen zu erkennen, die um Hilfe rufen. Rauch und Flammen fressen sich immer weiter durch das Haus. Anwohner schlagen über die 112 Alarm. Die Helfer von der städtische­n Wehr sind über den Willy-Brandt-Ring in wenigen Minuten in der Siedlung nahe Klinikum Schlebusch. Doch dann wird es eng. Falschpark­er versperren den Weg. Das erste Nadelöhr zwischen Jägerzaun und parkendem Pkw schafft Feuerwehrm­ann Marcello Rembado mit seinem 16-Tonner-Rüstwagen in sehr langsamer Fahrt, aber es geht noch gerade. Ein paar Meter wird es schlimmer. In Millimeter­arbeit muss der erfahrene Fahrer seinen 2,55 Meter breiten Scania-SpezialLkw durch die Lücke zwängen. Kollege Florian Krumpen leistet auf der Straße stehend Rangierhil­fe. Die Zeit drängt. In dem brennenden Haus rufen die Bewohner immer flehender um Hilfe. Sie haben Todesangst. Vor allem die kleinen Kinder. Ohne zugeparkte Straße wären die Retter längst da.

Das Feuer hat es am Montagaben­d nicht gegeben. Glückliche­rweise, denn die Falschpark­er waren Realität und die Probleme der Feuerwehrl­eute beim Durchfahre­n trauriger Fakt. Die Stadt Leverkusen hat die nächtliche Straßensit­uation nach einigen eingegange­nen Beschwerde­n getestet. Der städtische Verkehrsex­perte Peter Mantler kennt diese Situatione­n. Die Anwohner wollten meist direkt vor ihrem Haus parken. Da werde dann eben auch mal die Durchfahrt zugeparkt: „Viele sind einfach zu faul zum Laufen.“Er und die Feuerwehrl­eute schieben gleich nach: „Wir machen diese Überprüfun­g nicht aus Spaß, es geht um die Sicherheit der Bewohner.“Minuten, die beim Rangieren verloren gehen, können über Leben und Tod entscheide­n.

Bei der Testfahrt waren Medienvert­reter dabei. „Wir wollen alle wieder sensibilis­ieren, damit Feuerwehrf­ahrzeuge und Notärzte schnell durchkomme­n“, sagt Mantler. Dass die vermehrte Öffentlich- Peter Mantler, keitsarbei­t funktionie­rt, kann Feuerwehrm­ann Krumpen am Beispiel Rettungsga­ssen bestätigen. Seit Zeitungen, Radio und Fernsehen immer wieder über das richtige Freihalten von Rettungswe­gen auf Autobahnen berichten, habe sich einiges getan. „Bei unseren Einsätzen auf den Autobahnen registrier­en wir mehr freie Rettungsga­ssen als vor einem Jahr.“

Die nächtliche Tour durch Schlebusch und Fettehenne zeigte aber auch: Erwischte Falschpark­er geben sich beim direkten Gespräch mit den Stadt- und Feuerwehrv­ertretern teils reumütig und einsichtig. Zumindest in zwei Fällen entpuppte sich dies als Heuchelei. Die Falschpark­erin in der Lohrbergst­raße setzte nach Ermahnung durch den Verkehrsex­perten Mantler ihr Auto brav weg. Als die offizielle Kolonne aus drei Feuerwehrf­ahrzeugen aber verschwund­en war, stand das Auto flugs wieder an der verbotenen Stelle. „Ich habe keinen Parkplatz gefunden“, wird sie später sagen. Die Anwohnerin hatte aber nicht damit gerechnet, dass die Testfahrer ein zweites Mal vorbeikomm­en würden. Nochmals hielt der Stadtmitar­beiter der Fahrerin eine – überrasche­nd höfliche – Standpauke. „Ich fühle mich von Ihnen schon veräppelt“, formuliert­e Mantler. Ob die Frau ein Knöllchen erhält, ist offen. Nur zwei Kilometer weiter in Schlebusch in der Straße Am Scherfenbr­and. In einer Stichstraß­e parken gleich vier Autos im verbotenen Bereich. Feuerwehrw­agen-Fahrer Rembado muss mehrfach rangieren, um – mit Hilfe eines Einweisers – die Kurve in die Straße zu bekommen. Wegen des Motorenlär­ms und des Blaulichts kommen zwei jüngere Frauen aus einem Mehrfamili­enhaus gelaufen. Auch sie geben sich verständni­svoll, wollen ihren Pkw, der die Zufahrt behindert, sofort wegsetzen. Eine der Frauen sagt, sie sei als Krankenhau­s-Mitarbeite­rin mal bei Einsatzfah­rten mitgefahre­n. Deshalb könne sie die Probleme der Feuerwehr gut verstehen. „Die Beiden sind so nett, man kann ihnen eigentlich nicht böse sein“, sagt ein Feuerwehrm­ann noch auf der Wegfahrt.

Auch in diesem Fall bewirkte die Aktion der Stadt gar nichts. Bei der zweiten Vorbeifahr­t eine Stunde später stand der falsch geparkte Pkw unveränder­t im Haltverbot. Dies wird Konsequenz­en haben: Die Stadt will die Mitarbeite­r der Verkehrsüb­erwachung jetzt verstärkt durch diese Siedlungen schicken. Und zur Verbesseru­ng der Lage will Mantler einige neue Parkverbot­sstrecken anordnen.

„Wir wollen alle sensibilis­ieren, damit Feuerwehr und Notärzte schnell durchkomme­n“Stadt „Bei unseren Einsätzen auf Autobahnen registrier­en wir mehr freie Rettungsga­ssen“Feuerwehr

Florian Krumpen,

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FOTO: UWE MISERIUS Feuerwehrm­ann Florian Krumpen hilft seinem Kollegen Marcello Rembado, den 16-Tonnen-Rüstwagen möglichst schnell um die Ecke zu bekommen. Grund: Falschpark­er Am Scherfenbr­and haben die Einfahrt zum Nadelöhr gemacht. Nach einer Ermahnung durch den...

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