Rheinische Post Opladen

Hausmeiste­r bei Architekte­n

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Ich war 15 Jahre, als ich meinen ersten bezahlten Job ausübte. Jeden Tag, inklusive samstags, habe ich nach der Schule um 15 Uhr angefangen, für etwa drei Stunden zu arbeiten – also rund zwanzig Stunden pro Woche. Gute Schulnoten waren wichtig für mich. Daher waren die zwanzig Stunden das Maximum an Stunden, die ich arbeiten konnte, ohne meine Hausaufgab­en zu vernachläs­sigen. Meine Eltern mussten mir eine schriftlic­he Erlaubnis erteilen, da ich noch unter 16 war. Die meisten meiner Freunde arbeiteten auch, und das Geld, das wir verdienten, ermöglicht­e uns, die Freiheit zu haben, Musik zu kaufen, ins Kino zu gehen oder ein Mädchen auszuführe­n. Geld zu verdienen, hieß für uns, dass wir auf dem Weg waren, Erwachsene zu werden. Ich arbeitete damals für ein Architekte­nbüro, das in einem alten Gebäude in meiner Heimatstad­t untergebra­cht war. Ich machte riesige Kopien von architekto­nischen Plänen (die Druckerfar­be stank fürchter- lich), mähte den Rasen, strich das alte Gebäude und machte fast alle anfallende­n Hausmeiste­raufgaben. Wenn ich so auf mein gesamtes Arbeitsleb­en zurückblic­ke, dann hat dieser erste Job weiterhin einen wichtigen Platz in meiner Erinnerung. Noch heute denke ich ab und zu daran und an die Erfahrunge­n, die ich dort gemacht habe.

Michael Keller DER AUTOR IST US-GENERALKON­SUL IN DÜSSELDORF

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FOTO: ANNE ORTHEN

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