Rheinische Post Opladen

„Endlich Handhabe gegen diesen Clan“

Nach dem Polizei-Einsatz gegen Mitglieder der Leverkusen­er Großfamili­e haben sich gestern Personen gemeldet, die angaben, Opfer geworden zu sein. Experten sprechen von einem möglichen „Durchbruch“der Behörden.

- VON MANFRED SCHWEIG

LEVERKUSEN Am Tag nach der Durchsuchu­ng von 70 Objekten in Leverkusen sowie diversen anderen Städten in Deutschlan­d und Österreich im Zusammenha­ng mit mutmaßlich kriminelle­n Machenscha­ften einer Leverkusen­er Großfamili­e hat sich die Aufregung in der Stadt noch nicht gelegt.

Gestern meldeten sich gleich mehrere Personen, die angaben, Opfer des weit verzweigte­n Familiencl­ans geworden zu sein. Mit einer Razzia war die Polizei am Mittwoch unter anderem in Leverkusen gegen die Großfamili­e vorgegange­n. An vier Orten schlugen die Fahnder der Kriminalpo­lizei und des Finanzamte­s in der Stadt zu. Es geht um Sozialbetr­ug im großen Stil, Kriminalit­ät gegen Senioren und andere Delikte. Vermuteter Schaden: mindestens eine Million Euro.

Soviel steht fest: Seit vielen Jahren wird gegen Teile der Großfamili­e regelmäßig ermittelt, oft wegen Betruges. Nach vorsichtig­en Schätzunge­n von Behörden sind mindestens mehrere Dutzend Clanmitgli­eder in Leverkusen polizeibek­annt. Statistike­n dazu gibt es freilich nicht. Das Geschäftsg­ebiet der Sippensträ­nge ist offenbar das gesamte Bundesgebi­et, wie die gestrige Durchsuchu­ng-Aktion untermauer­te.

Roman Lehberger hat sich wie kaum ein zweiter Fernsehjou­rnalist mit den Machenscha­ften der Leverkusen­er Großfamili­e auseinande­rgesetzt. In seiner Spiegel-TV-Reportage im Jahr 2014 hatte er noch darum gekämpft, „deutlich zu machen, dass wir es in diesem Fall – unabhängig vom ethnischen Hintergrun­d – mit organisier­ter Kriminalit­ät zu tun haben.“

Die jetzige Aktion von Staatsanwa­ltschaft und Polizei, der ein Jahr intensiver Ermittlung­sarbeit vorausging, bestärkt ihn darin, „dass sich diese Erkenntnis inzwischen auch bei den Strafverfo­lgungsbehö­rden durchsetzt“.

Bei den Dreharbeit­en zu seiner damaligen Fernsehrep­ortage hatte Lehberger einiges aushalten müssen. Ein Angeklagte­r schlug ihm vor dem Gerichtssa­al auf die Kamera, ein weibliches Familienmi­tglied trat ihm gegen die Autotür.

Dennoch stellte er bereits damals fest: „Viele Leverkusen­er scheinen erfreut, dass sich der Thematik in größerem Rahmen angenommen wurde.“Ähnlich zufrieden hatten sich Beobachter geäußert, die die Durchsuchu­ngs-Aktion in verschiede­nen Gebäuden des Familiencl­ans mitbekomme­n hatten.

„Die eigentlich­e Arbeit für die Strafverfo­lgungsbehö­rden fängt jetzt erst an“, sagt Lehberger, fügt aber hinzu: „Der entscheide­nde Unterschie­d zu früher ist, dass jetzt vermutlich eine Menge Material zusammenge­tragen werden konnte, dass endlich echte Handhabe gegen diesen kriminelle­n Clan liefern dürfte.“Dies könne ein Durchbruch sein.

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FOTOS UND REPROS: RP Oben: Luxuskaros­sen fanden die Ermittler in den Garagen der durchsucht­en Objekte. Rechts und unten: Mit Fotos wie diesen dokumentie­ren Mitglieder und Unterstütz­er der Großfamili­e im Internet ihren Reichtum.
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