Rheinische Post Opladen

Die Sch’tis erobern Paris

Dany Boon erzählt eine neue Story der nordfranzö­sischen Unschuldse­ngel.

- VON PETER CLAUS

(dpa) Vor zehn Jahren kam ein Film in die Kinos, mit dessen überragend­em Erfolg wohl niemand so richtig gerechnet hatte: „Willkommen bei den Sch’tis“erzählte von den etwas seltsamen, aber sehr herzlichen Sch’tis – die Menschen mit dem eigenwilli­gen, außerhalb ihrer Region kaum verständli­chen Dialekt eroberten schnell die Herzen der Filmfans rund um den Globus. Allein in Frankreich avancierte die Komödie mit mehr als 20 Millionen Besuchern zum meistgeseh­enen einheimisc­hen Kinofilm aller Zeiten. Auch in Deutschlan­d amüsierten sich fast zweieinhal­b Millionen Kinogänger.

Seit Jahren wurde nun bereits gemunkelt, dass Dany Boon eine Fortsetzun­g als Regisseur und Autor vorbereite­n würde – und genau die kommt nun in die Kinos: „Die Sch’tis in Paris – Eine Familie auf Abwegen“knüpft inhaltlich zwar nicht direkt an den Welthit von 2008 an. Doch das tut dem Vergnügen keinen Abbruch. Vor allem der Sprachwitz, der auch in der cleveren deutschen Synchronfa­ssung gut funktionie­rt, zündet.

Valentin (Dany Boon) ist ein Star. Ganz Paris vergöttert den Innenarchi­tekten. Die Hautevolee, die vornehme Gesellscha­ft, schätzt nicht nur seine Entwürfe. Valentin gefällt auch als Nachfahre des iranischen Schahs mit einer Kindheit voller Dramatik und Exotik. Aber Valentin lügt. Denn er schämt sich seiner wahren Herkunft; seine Vergangenh­eit hat nichts Glamouröse­s. Tatsächlic­h stammt der Liebling der Schönen und Reichen aus einer Arbeiterfa­milie im Norden Frankreich­s: Er ist ein Sch’ti. Einem Sch’ti aber stehen in Paris keine Türen offen, deshalb die falsche Identität. Auf Dauer kann das natürlich nicht gut gehen. Konflikte sind programmie­rt – und damit viel Komik.

Der Spaß resultiert aus zum Teil wirklich überrasche­nder Situations­komik, aus vielen grotesken Wortspiele­n und aus dem rasanten Spiel des von Dany Boon exzellent angeführte­n Darsteller­ensembles. Da werden mit kleinsten Pinselstri­chen facettenre­iche Charakterb­ilder gemalt. Zudem gelingt es den Akteuren, die soziale Lage der Figuren in oft nur knappen Szenen wirklich glaubhaft zu gestalten. Was dem Ulk einige Momente mit verblüffen­dem Tiefgang schenkt.

Ein entscheide­ndes Element der Filmerzähl­ung ist, dass Menschen aus extrem verschiede­nen sozialen Schichten aufeinande­r treffen. Hier der Luxus, da die Armut. Daraus ließe sich mit viel billigem Klamauk eine oberflächl­iche Gesellscha­ftskarikat­ur basteln. Reiche Unmenschen gegen finanzschw­ache Unschuldse­ngel. Genau das aber bietet Dany Boon nicht. Er zeichnet keine Schwarz-Weiß-Bilder, sondern setzt auf Nuancen, auch auf Grautöne. Dadurch hat die grellbunte Farce gelegentli­ch auch einen bitteren Humor, leichte Nachdenkli­chkeit.

Allerdings überwiegt ein knalliger Wortwitz. So ist es wirklich brüllend komisch, wenn Dany Boon als schnieker Valentin nach dem Unfall nur noch Sch’ti reden kann und sich wie ein pubertiere­nder Jüngling aufführt. Neben ihm brilliert insbesonde­re Laurence Arné („Nichts zu verschenke­n“) als Valentins Partnerin Constance. Sie lässt sich sogar herab, Sch’ti zu lernen, um dem Geliebten, der sie nicht mehr kennt, wieder zu erobern. Da dürften dann manchen Zuschauern neben den Tränen des Lachens auch einige der Rührung kullern. „Die Sch’tis in Paris - Eine Familie auf Abwegen“, Frankreich 2018, 107 Minuten., Regie: Dany Boon, mit Dany Boon,Laurence Arné, Pierre Richard

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FOTO: VERLEIH Dany Boon und Laurence Arné in „Die Sch’tis in Paris“.

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