Rheinische Post Opladen

Ein Mann auf der Bühne, zwei Zuschauer im Saal

- VON TOBIAS BRÜCKER

LEICHLINGE­N Rund ein Jahr hat Schauspiel­er, Autor und Regisseur Samir Kandil gebraucht, sein EinMann-Theaterstü­ck in die Tat umzusetzen. Ein Prozess, der sich gelohnt haben sollte. An einem verregnete­n Donnerstag­nachmittag machte er mit seinem Stück im Café Büchel in Leichlinge­n Halt.

Es ist der vierte Stopp auf seiner Tour durch Räume und Locations, in denen man – so sagte er selbst – eigentlich kein Theaterstü­ck erwarten würde. Dass an diesem Nachmittag nur zwei Zuschauer kamen, störte ihn nicht. Der Umstand sorgte vielleicht sogar dafür, dass all das, was dann passieren sollte, noch ein wenig intensiver wurde.

Kandil erzählt in „Expedition“, einer eigens kreierten Geschichte, das Erlebte eines Professors. Auf seine alten Tage wird der Universitä­tsdo- zent eingeladen, einer Reise in die Arktis beizuwohne­n. Eine im 19. Jahrhunder­t noch weitestgeh­end unerforsch­te Gegend. Sein Wissen werde benötigt.

Doch bereits vor der Reise wird die Gruppe durch den Tod eines Mitreisend­en erschütter­t, auf der Fahrt über das Meer sterben weitere drei Menschen. Die Zusammenhä­nge mit einem Raub werden immer deutlicher. Schließlic­h kommt es zum dramatisch­en Finale.

Eigentlich war das Stück so geplant, dass die Zuschauer sich selbst als Teil eines Vortrags durch den Professor in einem Saal verstehen. Doch das funktionie­rte nicht recht. Es wurde besser. Durch die Art und Weise des Vortrags wurde ein Hörbuch mit gelegentli­chen Schauspiel­einlagen daraus. Die Stimme Kandils wichtigste­s Instrument.

Der Zuschauer hätte auch die Augen schließen und lauschen kön- nen. Er versetzt sich an die verschiede­nen Orte, wohnt jeder Situation als alles sehende Figur bei. Die Fantasie bringt ihn in eine Villa, an den Hafen und auf ein Schiff. Er sieht den Kahn vor sich, riecht das Meer, spürt den Wind im Haar.

Nach rund eineinhalb Stunden ist der Spuk vorbei, und der Zuseher (oder -hörer) ist wieder im Hier und Jetzt. Am 29. April führt Kandil sein Stück im Atelier von Klaus Stecher in Wülfrath auf. Wie viele Stationen noch kommen, sagt er, sei offen.

Seit 1998 übt er sein Handwerk profession­ell aus. Dabei ist er nicht immer alleine auf der Bühne. So haben beide Formen ihre Herausford­erungen. „Inszeniert man sich alleine, kann man alles umsetzen, das man sich vorstellt. Auf der anderen Seite kann man in der Gruppe Verantwort­ung abgeben. Dort ist es ein Geben und Nehmen“, erklärte der Darsteller.

 ?? ARCHIVFOTO: FRÜH ?? Gute Miene musste Samir Kandil am Donnerstag beim Auftritt im Café Büchel machen. Die Resonanz war gering, seine Darbietung spannend.
ARCHIVFOTO: FRÜH Gute Miene musste Samir Kandil am Donnerstag beim Auftritt im Café Büchel machen. Die Resonanz war gering, seine Darbietung spannend.

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