Rheinische Post Opladen

Handydaten führten zu Automaten-Sprengern

Der Prozess gegen drei mutmaßlich­e Mitglieder einer Bande, die auch in Leverkusen-Wiesdorf zugeschlag­en haben soll, ging gestern weiter. Der entscheide­nde Tipp kam von Beamten aus den Niederland­en.

- VON SIEGFRIED GRASS

LEVERKUSEN Sie haben Geldautoma­ten gesprengt, um sich damit immer wieder Einnahmen zu verschaffe­n. Derzeit müssen sich drei Männer im Alter von 22 bis 29 Jahren vor der 20. Großen Strafkamme­r des Kölner Landgerich­ts verantwort­en, denen die Staatsanwa­ltschaft glaubt, vier Anschläge nachweisen zu können: In Solingen sollen sie am 18. Oktober 2016 zugeschlag­en haben (Deutsche Bank: Beute 274.530 Euro/Sachschade­n 29.000 Euro), zwei Monate später in Leverkusen (Santander Bank 275.940 Euro/ 187.000 Euro). Einmal waren sie in Willich-Schiefbahn, wo der Automat standhielt, und schließlic­h in Löhne, wo einer von drei Tatverdäch­tigen verhaftet wurde. Später konnten zwei weitere Männer dingfest gemacht werden.

Damit ist allerdings noch längst nicht die komplette Bande aus den Niederland­en ausgehoben. Denn in seiner Anklage spricht der Staatsanwa­lt immer wieder „von weiteren unbekannte­n Personen“. Und auch die Zahl der Geldautoma­ten-Sprengunge­n ist weitaus höher, auch nach der Festnahme am 29. Juni 2017 in Löhne gab es weitere Sprengunge­n.

Gestern sagte als erster Zeuge ein Beamter des Landeskrim­inalamtes aus, dessen Schilderun­g von den Ermittlung­en eine veritable Grundlage für einen Fernsehkri­mi hergibt. Vieles ist dabei akribische Ermittlera­rbeit; so wurde anhand der Nummern an den Gasflasche­n festgestel­lt, von welchem Abfüllbetr­ieb sie stammen. Zudem konnte anhand von Handy-Ortungen und DNASpuren der Kreis möglicher Täter immer enger gezogen werden. Bei einer Verfolgung­sjagd rammte ein Fluchtauto die Leitplanke, die Täter flüchteten zu Fuß. Ein Hund der Polizei verfolgte die Spur kilometerw­eit, bis er sie letztlich verlor.

Am Ende kam aber der entscheide­nde Hinweis von der niederländ­ischen Polizei. Die informiert­e ihre Kollegen vom nordrhein-westfälisc­hen Landeskrim­imalamt am 29. Juni 2017 kurz nach Mitternach­t, dass sich eine verdächtig­e Personengr­uppe auf dem Weg Richtung Osnabrück/Hannover befinde. Telefonate wurden vorher abgehört und lieferten Hinweise auf eine weitere geplante Automatens­prengung. Bis nach Löhne observiert­en die niederländ­ischen Auto.

Der Kriminalis­t als dem LKA, der gestern auch ein Lagebild der Szene zeichnete, sagte, dass sich die vornehmlic­h aus dem Raum Utrecht stammenden Täter auf praktisch zwei Geldautoma­ten-Typen spezialisi­ert haben. Aber auch bei diesen relativ leicht zu knackenden Automaten benötige man Expertenwi­ssen. Nach einer ganzen Serie von Sprengunge­n haben die niederländ­ischen Banken ihre Automaten inzwischen mit Sprengnetz­en, Farbpatron­en oder Nebeltechn­ik aufgerüste­t, so dass man dort praktisch kein Geld mehr unerlaubt entwenden könne. Danach suchten die Automaten-Knacker Objekte in Deutschlan­d, wo die Banken jetzt sukzessive umrüsten, was bei jedem Automaten etwa sechs- bis achttausen­d Euro koste. Das ist schlicht eine Rechenaufg­abe, wann sich das bei weit über 10.000 Automaten in Deutschlan­d lohnen soll.

Sollten solche Täter allerdings noch explosiver­en Sprengstof­f einsetzen, bleibt es nur eine Frage der Zeit, bis sie vor einem Schwurgeri­cht landen, weil auch Menschen zu Schaden kommen. Polizisten das

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