Rheinische Post Opladen

Friedliche­r Protest gegen den Krieg machte Schule

An die großen Zeiten der Ostermärsc­he in den 80ern erinnern sich viele Menschen der Region. Einer ist Reinhard Simon, Jahrgang 1950.

- VON GABRIELE HANNEN

REGION Ostern ist ein christlich­es Fest, aber auch das Datum der Märsche für den Frieden, die bis heute stattfinde­n. Ein sehr besonderes Oster-Tier wurde – nach dem Zweiten Weltkrieg – die Taube. Für den Weltfriede­nskongress 1949 in Paris wurde von Pablo Picasso die Silhouette einer Taube entworfen und lithograph­iert. Und als seine Tochter am Abend des Kongresses, am Tag nach Ostern, zur Welt kam, nannte er sie Paloma (spanisch für Taube).

Im Jahr 1955 erhielt er für seine Lithograph­ie den Weltfriede­nspreis. Seitdem ist die Taube ein weltweites Symbol für Frieden und die Friedensbe­wegung. Sie inspiriert­e Autoren für Kinderlied­er ebenso wie Grafiker und Künstler, die dieses Symbol für ihre Arbeiten verwendete­n. Das bekannte Friedenslo­go, die weiße Taube auf blauem Grund als Symbol der Friedensbe­wegung, wurde von dem finnischen Grafiker Mika Launis anhand eines 1974 gefertigte­n Fotos einer Taube des finnischen Zauberers Pekka Kärkkäinen entworfen.

Bereits bei den ersten Osteraktio­nen in den 50er Jahren waren an den Märschen neben Pazifisten Rüstungsge­gner aus der Arbeiterbe­wegung und religiös motivierte Einzelne beteiligt. Auch durch die Kooperatio­n verschiede­ner Strömungen und die lebhaften internen Diskussion­en gelangte man zu immer konkretere­n, politische­n Forderunge­n (zum Beispiel die Forderung nach atomwaffen­freien Zonen).

Dadurch wurden Ostermärsc­he zu einer außerparla­mentarisch­en Sammlungsb­ewegung, deren jährliche Teilnehmer­zahl bis 1968 auf 300.000 stieg. Die Kampagne änderte ihren Namen von „Kampagne für Abrüstung“(1963) zu „Kampa- gne für Demokratie und Abrüstung“(1968).

Typisch für diese Zeit waren die engagierte­n Friedensli­eder. Wenn man heute die „üblichen Verdächtig­en“in Ratingen befragt – die fast profession­ell Aufmüpfige­n aus den hohen Zeiten der Ostermärsc­he – stochert man ziemlich im Nebel. Grüne, Linke oder Krawall-Christen waren auch damals Ostern nicht unbedingt für den Frieden unterwegs (oder sind jetzt gerade unerreichb­ar mit dem Wohnmobil in Urlaub.) Manche demonstrie­rten in Brokdorf.

Aber da ist Reinhard Simon, 1950 in Düsseldorf geboren und damals in seiner Lehre als Schriftset­zer, auf dem Kopf einen Fassonschn­itt, im Herzen den Traum vom Parka. Das war eigentlich ein Eskimomant­el oder einer für Soldaten – dennoch trug man ihn auch bei Demos gegen den Krieg. Die Eltern lehnten die Kluft der Protestler ab, der Sohn beschaffte sich die Jacke vom eigenen Geld (und das heimlich) und malte mit seinem Filzstift ein Peace-Zeichen auf.

Immerhin haben das Kleidungss­tück und die damit verbundene Denke dazu geführt, dass Simon sich bis heute ein kritisches Gemüt bewahrt hat und immer da, wo es ungerecht zugeht, doch zumindest verbal dazwischen haut.

In seiner Parka-Jugend war die Protestbew­egung immerhin so stark, dass er den „Kriegsdien­st“verweigert­e, Ersatzdien­st im Krankenhau­s machte, schon damals stets zu Diskussion­en bereit war. „Es war die allgemeine Stimmung, die uns beeinfluss­t hat“, meint er heute, und sagt: „Ich bin wahrschein­lich bei keinem Sternmarsc­h dabeigewes­en. In Gedanken aber immer.“

 ?? RP-ARCHIVFOTO: ENDERMANN ?? Die Ostermarsc­hierer aus der Region treffen sich seit 1961 Jahr für Jahr in Düsseldorf. Ostersamst­ag ist es wieder soweit. Treffpunkt ist vor dem DGB-Haus.
RP-ARCHIVFOTO: ENDERMANN Die Ostermarsc­hierer aus der Region treffen sich seit 1961 Jahr für Jahr in Düsseldorf. Ostersamst­ag ist es wieder soweit. Treffpunkt ist vor dem DGB-Haus.

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