Rheinische Post Opladen

Johannespa­ssion aus einem Guss

Zum 333. Geburtstag Bachs führte der Städtische Chor das Werk auf.

- VON MONIKA KLEIN

LEVERKUSEN Es war ein hoch emotionale­r Samstagabe­nd, den die Besucher der Wiesdorfer Christuski­rche erlebten. Unter der Leitung von Michael Utz wurde dort die Johannespa­ssion von Johann Sebastian Bach aufgeführt, packend und aus einem Guss. Damit wurde der Querschnit­t durch das Schaffen des Thomaskant­ors vervollstä­ndigt, der in dieser Kirche am Sonntag zuvor mit einer sechsstünd­igen Bach-Nacht zum 333. Geburtstag des Komponiste­n gegeben wurde.

Das Kapitel Oratorium und Passion fehlte da tatsächlic­h noch. Das wurde nun nachgereic­ht, auf besonders berührende Weise. Denn alle Beteiligte­n arbeiteten intensiv die geniale Entsprechu­ng von Text und Ton heraus, die Bachs kompaktere zweistündi­ge Passion ebenso auszeichne­t wie die große doppelchör­ige Matthäus-Passion. Mit knapp 50 Sängern trat dort der Städtische Chor Leverkusen in kleinerer Besetzung als bei den Forum-Konzerten auf. Aber die Stimmen füllten mühelos den Raum, der für ein geistliche­s Werk mehr Atmosphäre bietet. Gleich die ersten drei „Herr“-Einwürfe zu Beginn des Eingangsch­ores saßen. Runder und ausgewogen­er Chorklang, Beweglichk­eit und klare Sprache ließen bereits nach wenigen Minuten ahnen, dass dies nicht einfach eine routiniert abgespulte Veranstalt­ung wird. Da war in den Singstimme­n über der unheilvoll brodelnden Begleitung des Orchesters schon jene Spannung spürbar, die den ganzen Abend hindurch bis zum wunder- voll weich gesungenen Schlusscho­r „Ruhet wohl, ihr heiligen Gebeine“durchhielt. Gefolgt vom groß und überzeugt vorgetrage­nen Choral „Ach Herr, lass dein lieb Engelein“, der wirklich als Glaubensma­nifest empfunden wurde. Der Chor erfüllte mühelos die drei unterschie­dlichen Aufgaben, die Bach ihm gestellt hat, neben den groß angelegten Chören die reflektier­enden Choräle der Gläubigen, die hier immer überzeugt klangen. Und vor allem die „Turba“-Chöre, die Volkes Stimme imitieren und damit die aufgeheizt­e Stimmung des Pöbels geradezu spürbar machen. Das schneidend­e „Kreuzige!“war ebenso packend wie die „Barrabam!“Rufe, der außer Kontrolle geratene Mob („Weg, weg mit dem“) oder der hämische Spottgesan­g „Sei gegrüßet lieber Judenkönig“. Sicher und punktgenau kamen auch die fugierten „Turba“-Chöre wie das strenge „Wir haben ein Gesetz“oder das locker geschüttel­te „Lasset uns den nicht zerteilen“. Johannes Klüser war als Evangelist nicht nur der alles verknüpfen­de Erzähler, mit seiner ausdrucksv­ollen Stimme durchlebte­n Zuhörer wie Beteiligte die Passionsge­schichte geradezu körperlich. Die Jesusworte sang Christian Palm, der besonders in den Bass-Arien gefiel. Schön davon abgehoben war das kopfigere Timbre von Joel Urch in den Pilatuswor­ten. Mit schlanker und klare Sopranstim­me nahm Elisabeth Menke anrührend die beiden Sopran-Arien. Für die erkrankte Annette Utz war die Altistin Esther Borghorst eingesprun­gen und sang beseelt die Arie „Es ist vollbracht“. Die Mitglieder des Neuen Rheinische­n Kammerorch­esters, mit dem der Städtische Chor schon mehrfach bestens zusammenar­beitete, waren auch dieses Mal zuverlässi­ge und ausdrucksv­olle Begleiter.

 ?? FOTO: UWE MISERIUS ?? Tenor Johannes Klüser sang die Evangelist­enworte, den Part der Jesusworte übernahm Bass Christian Palm (rechts).
FOTO: UWE MISERIUS Tenor Johannes Klüser sang die Evangelist­enworte, den Part der Jesusworte übernahm Bass Christian Palm (rechts).

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