Rheinische Post Opladen

Vermisste Debbie wird Fall fürs LKA

In die neue „Cold Case“-Datenbank werden auch die spärlichen Erkenntnis­se über das Verschwind­en der Achtjährig­en vor 22 Jahren aufgenomme­n. Die Hoffnung, die Tat zu klären, ist aber auch bei den Spezialist­en gering.

- VON STEFANI GEILHAUSEN

Als Deborah Sassen im Februar 1996 auf dem Heimweg von der Grundschul­e in Wersten verschwand, war Andreas Müller noch bei der Kripo in Bonn. Der Fall, der ihn damals auch deshalb beschäftig­t hat, weil er im selben Jahr an der Suche nach dem Mörder der elfjährige­n Claudia Ruf beteiligt war, gehört nun auch zu seinen. Müller ist Chef der LKA-Profiler, die in diesem Jahr mit dem Aufbau einer neuen Einheit für ungeklärte Verbrechen begonnen haben.

900 solcher so genannter Cold Cases (Kalte Fälle) aus ganz NRW werden derzeit in eine neue Datenbank eingespeis­t. Akten, die teils aus den 1970er Jahren stammen, müssen eingescann­t und durchgearb­eitet werden. Allein 65 dieser Fälle kommen aus dem Düsseldorf­er Polizeiprä­sidium, das bei Kapitalver­brechen auch für die Kreise Mettmann und Neuss zuständig ist. Mordfälle wie der des Wachmanns Augustine O., der 2011 in einem Parkhaus an der Berliner Allee erstochen wurde, und die der beiden Frauen, die 1992 und 1993 in Maisfelder­n bei Meerbusch und Neuss ermordet aufgefunde­n wurden. Ob auch die umfangreic­he Ermittlung­sakte zum Kö-Millionär Otto Erich Simon, der 1991 verschwand, zu denen gehört, die von den Cold-Case-Spezialist­en noch einmal unter die Lupe genommen werden, ist unklar. Simons Leiche wurde nie gefunden, trotzdem ein Verdächtig­er ermittelt. Der Prozess gegen ihn wurde aber wegen Verhandlun­gsunfähigk­eit des Beschuldig­ten abgebroche­n.

„Wir nehmen vordringli­ch die Fälle in den Blick, bei denen die Ver- jährung droht“, sagt Müller. Mord verjährt zwar nie. Doch wenn sich bei neuen Ermittlung­en ein alter Fall juristisch als Totschlag entpuppt, ist er von Verjährung bedroht. Die Experten werden sich zunächst mit den Fällen befassen, bei denen DNA-Spuren gesichert wurden. Nicht selten gibt es neue foren- sische Möglichkei­ten, diese Spuren auszuwerte­n. So hoffen die Ermittler jetzt, den Mörder von Claudia Ruf zu finden. In ihrem Fall konnte eine DNA-Spur genauer bestimmt werden, so dass es nach 22 Jahren neue Ermittlung­sansätze gibt.

Die ungelösten Morde werden im Landeskrim­inalamt von einer Dienststel­le bearbeitet, die vor 20 Jahren unter dem sperrigen Namen „Operative Fallanalys­e“an den Start ging. „Als wir anfingen, hatte die Bezeichnun­g Profiler, nicht zuletzt durch Krimis und selbst ernannte TV-Experten, einen unseriösen Klang“, sagt Müller. Heute sind die hochspezia­lisierten Kriminalis­ten – allein ihre Zusatzausb­ildung dauert sieben Jahre – stolz darauf, LKA-Profiler zu sein. Und sie gehören zu den besten Deutschlan­ds, werden oft auch von den Polizeibeh­örden anderer Bundesländ­er zu Rate gezogen. Ihre Analyse des Wehrhahn-Anschlags etwa hat die neuen Ermittlung­en unterstütz­t und mit zur Anklageerh­ebung Ende vergangene­n Jahres geführt.

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FOTO: SG Andreas Müller ist Chef der LKA-Profiler, die sich neben der operativen Analyse aktueller Fälle auch um ungeklärte Alt-Fälle kümmern.

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