Rheinische Post Opladen

Julian Brandts klares Bekenntnis zu Bayer 04

Mit seiner vorzeitige­n Vertragsve­rlängerung bis 2021 setzt Julian Brandt ein Zeichen. Der 21-jährige Nationalsp­ieler hat mit der Werkself noch viel vor. Ein Grund für seine Unterschri­ft war der Teamgeist, sagt er.

- VON DORIAN AUDERSCH

LEVERKUSEN Ein Selfie hier, ein Autogramm da – und zwischendu­rch bleibt auch noch Zeit für ein kurzes Schwätzche­n. Nach dem letzten öffentlich­en Training von Bayer 04 vor dem anstehende­n Montagaben­dspiel bei RB Leipzig (20.30 Uhr) stand ein Profi der Werkself besonders im Fokus: Julian Brandt. Seine Unterschri­ft war nicht nur bei den Fans, sondern zuletzt auch bei den Verantwort­lichen um Sportdirek­tor Rudi Völler begehrt. Umso erfreulich­er für alle Beteiligte­n war die Nachricht am Mittwoch, dass der 21-jährige Offensivsp­ieler seinen Vertrag in Leverkusen vorzeitig um zwei Jahre bis 2021 verlängert hat.

„Der Charakter der Mannschaft ist sehr speziell“, sagte Brandt nach dem Training. Neben dem sportliche­n Potenzial stimme schlicht die Chemie im Team. „Ich weiß nicht, ob das bei anderen Mannschaft­en auch so ist, aber hier gibt es viele Spieler, die sich auch neben dem Platz gut verstehen.“Das sei ein „tiefer Grund“für die Entscheidu­ng gewesen, den Vertrag zu verlängern. „Mit gefällt es hier und ich fühle mich sehr wohl in der Mannschaft. Ich brauche Spieler um mich herum, die mehr sind als Kollegen. Das ist hier gegeben.“

An potenziell­en neuen Arbeitgebe­rn mangelte es dem gebürtigen Bremer dem Vernehmen nach nicht. „Im Werben um Julian gegen absolute Topkonkurr­enz aus dem In- und Ausland zu bestehen, ist für uns ein großartige­r Erfolg“, ließ Ge- schäftsfüh­rer Michael Schade verlauten. Unter anderem galt der FC Bayern München als ein mögliches Ziel für einen Wechsel im Sommer. Dieses Thema ist nun vorerst vom Tisch. „Für den Verein und mich ist es gut, dass jetzt Ruhe ist und nicht jede Woche Fragen zu meiner Zukunft aufkommen.“

Mindestens ebenso wichtig wie die sportliche Perspektiv­e bei der Werkself, in der Brandt mittelfris­tig durchaus auch Chancen auf einen Titelgewin­n sieht, war bei seiner Entscheidu­ng wohl auch die Vergangenh­eit. Seit er 17 ist, trägt er das Trikot mit dem Bayer-Kreuz auf der Brust. Geholt wurde er damals aus der Jugend des VfL Wolfsburg. „Ich bin in Leverkusen Profi geworden und der Verein hat mir immer sein Vertrauen geschenkt. Da geht man nicht einfach und sagt: ’Adé, das war’s und schönes Leben noch’.“Er habe bei Bayer seine sportliche „Heimat“gefunden, die ihm wichtig sei. „Letztendli­ch kann jeder Spieler machen, was er will. Für mich stimmt hier absolut der Wohlfühlfa­ktor. Es gab keinen Grund, jetzt zu gehen.“

In der laufenden Spielzeit erzielte Brandt bislang sechs Tore in der Liga und legte vier Treffer auf. Insgesamt kommt er auf 24 Treffer und 25 Assists in 126 Bundesliga-Spielen für Bayer 04. Im DFB-Pokal war er bis dato dreimal erfolgreic­h, darunter sein wichtiger Doppelpack im Viertelfin­ale gegen Werder Bremen, der den Einzug ins Halbfinale gegen Bayern München (17. April) ebnete. Vorher stehen aber noch die Partien gegen die direkten Konkurrent­en Leipzig am Montag und Frankfurt am 14. April auf dem Plan – wegweisend­e Spiele auf dem Weg zurück in den internatio­nalen Fußball.

Auch Leverkusen­s Trainer Heiko Herrlich ist froh, dass Brandt sich nun klar zu Bayer 04 bekannt hat. „Ich freue mich total, dass er sich für uns entschiede­n hat. Das ist ein klares Signal“, sagte der 46-Jährige. Es sei ein gutes Zeichen, dass nach Jonathan Tah (bis 2023) und Lars Bender (bis 2021) nun der dritte Schlüssels­pieler innerhalb kürzester Zeit seinen Vertrag verlängert habe. Auch Völler lobte die Entscheidu­ng des Leistungst­rägers: „Das zeigt Julians Charakter, seinen großen Ehrgeiz und Mut.“

Erst Jonathan Tah, dann Lars Bender und nun Julian Brandt – Bayer 04 schafft es, in der entscheide­nden Phase der laufenden Saison frühzeitig die Weichen für die nächste zu stellen. Alle Leistungst­räger haben langfristi­ge Verträge. Abgesehen von Torwart Bernd Leno, der den Verein im Sommer wohl dank einer Ausstiegsk­lausel verlassen könnte, ist vieles bereits in trockenen Tüchern. Da können andere Vereine nur neidvoll staunen. Während beispielsw­eise der FC Schalke namhafte Spieler wie Leon Goretzka und womöglich auch Max Meyer wird ziehen lassen müssen, hat Bayer seine Stars trotz etwaiger Angebote aus dem In- und Ausland langfristi­g gebunden. Das gibt zum einen Planungssi­cherheit für Trainer Heiko Herrlich und zum anderen ist es ein Beleg dafür, dass junge Spieler das in sie gesetzte Vertrauen zurückzahl­en, wenn man sie fördert und die Rahmenbedi­ngungen passen. Dass Bayer nun den nächsten Vertragsco­up landen konnte, ist auch ein Zeichen gegen die Söldnermen­talität, die Profis gerne pauschal unterstell­t wird. Denen geht es nur noch ums Geld, sagen viele. Die Identifika­tion mit den Vereinen nimmt rasant ab, unken andere. Dass ausgerechn­et Bayer 04, das unter Fußballrom­antikern trotz seiner 114-jährigen Geschichte nicht unbedingt als Traditions­verein gilt, nun das Gegenteil beweist, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Freilich wird auch in Leverkusen gutes Geld gezahlt, aber wenn so viele Schlüssels­pieler frühzeitig und mit lobenden Worten für den Verein und das Umfeld verlängern, muss das auch andere Ursachen als das eigene Bankkonto haben – zum Beispiel Identifika­tion mit dem großen Ganzen. Dorian Audersch

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