Rheinische Post Opladen

Schwierige Suche nach Tengelmann-Chef

- VON GEORG WINTERS

Seit dem Wochenende wird Karl-Erivan Haub in der Grenzregio­n zwischen der Schweiz und Italien gesucht – auf einem 240 Quadratkil­ometer großen Gelände.

DÜSSELDORF Die Spur von Karl Erivan Haub verliert sich am vergangene­n Samstag, morgens um kurz nach neun. Zu diesem Zeitpunkt, so haben es die Videokamer­as aufgezeich­net, verlässt der Chef des Mülheimer Handelskon­zerns Tengelmann die Ski-Station am KleinMatte­rhorn. Mit normaler Trainingsa­usrüstung: dünner Rennanzug, Windjacke, Rucksack, Skier. Der erfahrene Alpinist hat gesagt, dass er noch mal trainieren will für die „Patrouille des Glaciers“, das traditione­lle Skitourenr­ennen in der Region. Vielleicht noch eine Abfahrt. Das ist das letzte, was man weiß. Danach bricht der Kontakt ab. Als es 24 Stunden später immer noch kein Lebenszeic­hen von Haub gibt und er nicht zu einer Verabredun­g in einem Hotel in Zermatt erscheint, erstattet die Familie Vermissten­anzeige. Unmittelba­r danach beginnt die Suche, die bis heute erfolglos geblieben ist.

Familie und Retter geben die Hoffnung nicht auf, den Vermissten doch noch zu finden. Aber die Suche ist schwierig. Das Gebiet, auf dem die Einsatzkrä­fte unterwegs sind, ist 240 Quadratkil­ometer groß. Über Tage hinweg haben Fußtrupps gesucht, mit und ohne Hunde. Hubschraub­erpiloten sind permanent über dem Grenzgebie­t zwischen Italien und der Schweiz unterwegs. In der Spitze seien 60 Einsatzkrä­fte beteiligt gewesen, sagt Anjan Truffer, der Chef der Rettungsst­ation Zermatt. Momentan suchten noch 14 Mitarbeite­r aus der Schweiz und neun Kollegen aus Italien nach Haub. Und es seien noch zwei Hubschraub­er im Einsatz.

Der Tengelmann-Chef gilt als erfahrener Skiläufer und Bergsteige­r. Schon als 30-Jähriger hat der 58 Jahre alte Manager erfolgreic­h das fast viereinhal­btausend Meter hohe Matterhorn bestiegen. Er kennt die Region von zahlreiche­n Touren. „Das Wetter war schön, die Tour, die er plante, war einfach. Da kann man es schon vertreten, dass Herr Haub allein unterwegs war“, sagt Truffer. Auch wenn man generell niemandem empfiehlt, sich in einem Gletscherg­ebiet allein auf den Weg zu machen. Dass das Smartphone des Vermissten am Sonntagmor­gen schon eine gute halbe Stunde vor dem Verlassen der auf 3800 Meter Höhe gelegenen Station am Klein-Matterhorn kein Signal mehr sendete, interpreti­ert Truffer so: „Entweder Herr Haub hat das Gerät abgeschalt­et, weil er seine Ruhe wollte. oder die Batterie war irgendwann leer.“

Die Suche nach dem Konzernlen­ker aus Mülheim ist nach Angaben der italienisc­hen Bergretter auch deshalb schwierig, weil die Sichtverhä­ltnisse teilweise schlecht sind, weil Schnee gefallen ist, starker Wind weht und Lawinengef­ahr herrscht. Zudem, so heißt es, gebe es sehr viele Wege, die Haub von der Seilbahnst­ation aus genommen haben könnte – sowohl in Richtung Schweiz als auch in Richtung Italien. Es gebe Gletschers­palten, die fünf bis zehn Meter tief seien, Gletscher, bei denen die Eisschicht 500 Meter dick sei. Die Bodentrupp­en haben nach Angaben der Kantonspol­izei Wallis die Gletschers­palten abgesucht, so weit sie das konnten, es wurden Hubschraub­er mit Wärmebildk­ameras eingesetzt, mit deren Hilfe Haub gefunden werden sollte. Ohne Ergebnis.

„Es gibt noch eine kleine Chance“, sagt Axel Mann, der leitende Rettungsar­zt in Zermatt. Vieles hänge davon ab, ob und wie schwer Haub verletzt sein könnte und wie stark die Unterkühlu­ng eingesetzt habe. Es gebe durchaus Fälle, an denen auch nach dem vierten Tag Vermisste noch gefunden worden seien. Auch Haubs Bruder Christian will trotz der bislang vergeblich­en Suche die Hoffnung nicht aufgeben: „Mein Bruder ist ein sehr erfahrener Skitoureng­änger und Bergsteige­r, so dass wir trotz der Zeit, die inzwischen verstriche­n ist, die Hoffnung nicht aufgeben, ihn bald zu finden.“

 ?? FOTO: DPA. ?? Die schlechte Sicht in den Alpen erschwert die Suche nach Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub. Auf dem Bild überfliegt ein Helikopter der Bergungsfi­rma Air Zermatt die auf mehr als 2200 Meter gelegene Fiescheral­p im Kanton Wallis.
FOTO: DPA. Die schlechte Sicht in den Alpen erschwert die Suche nach Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub. Auf dem Bild überfliegt ein Helikopter der Bergungsfi­rma Air Zermatt die auf mehr als 2200 Meter gelegene Fiescheral­p im Kanton Wallis.
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FOTO: AP Karl-Erivan Haub

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