Rheinische Post Opladen

Experten unisono gegen Fahrverbot

Heute lädt der Landtag geballte Fachkompet­enz zum Thema Diesel ein.

- VON THOMAS REISENER

DÜSSELDORF Ginge es nach dem guten Dutzend Experten, die heute vor dem Umwelt- und dem Verkehrsau­sschuss des Landtages referieren, wäre die Sache ganz einfach: Die Automobilw­irtschaft müsste zur Hardware-Nachrüstun­g von DieselAuto­s gezwungen werden, dann noch ein paar Fördermill­ionen für den Öffentlich­en Personenna­hverkehr (ÖPNV) und intelligen­tere Verkehrs- und Parkleitsy­steme – und schon wäre der Spuk der drohenden Diesel-Fahrverbot­e vom Tisch.

In diesen Punkten sind sich fast alle der geladenen Experten einig. Im Detail gehen die Vorstellun­gen der Verbrauche­r-, Verkehrs-, Industrie- und Handwerksv­erbände sowie der Vertreter unterschie­dlicher Behörden aber auseinande­r. So plädieren etwa der Städtetag NRW und das Bundesumwe­ltamt für die Einführung einer Blauen Plakette als Kennzeiche­n für saubere Diesel. Das Amt verspricht sich davon Anreize zum Kauf von sauberen Dieseln. Der Städtetag sieht in der Plakette eine Art juristisch­er Prophylaxe – sie sei die einzige Möglichkei­t, eventuelle Fahrverbot­e überhaupt durchsetze­n und überwachen zu können.

Die IHK NRW und der Westdeutsc­he Handwerksk­ammertag sehen mit der Einführung einer solchen Plakette hingegen eine nicht gewollte Vorentsche­idung zugunsten von Fahrverbot­en. Damit würde „in kürzester Zeit der politische Druck steigen, Fahrverbot­szonen in sehr vielen Städten umzusetzen“, meint der Handwerker-Dachverban­d. Hardware-Nachrüstun­gen, finanziert durch die Automobili­ndustrie, würden hingegen auch den Wertverfal­l der Dieselfahr­zeuge stoppen. In einer aktuellen Umfrage des Zentralver­bandes des Deutschen Kraftfahrz­euggewerbe­s sieht ein Drittel der befragten Händler bei älteren Euro5-Dieseln aktuell einen Wertverlus­t zwischen 30 und 50 Prozent, ein weiteres Drittel hält eine Abwertung von zehn bis 30 Prozent für realistisc­h, und gut zehn Prozent der Autohändle­r hält Euro-5-Diesel derzeit sogar für unverkäufl­ich.

Der Verband der Automobili­ndustrie (VDA), der nicht zu der Expertenan­hörung geladen ist, sagte auf Anfrage unserer Redaktion hingegen: „Hardware-Nachrüstun­gen sind in der Fläche, wenn überhaupt, nur mit langen Vorlaufzei­ten möglich.“So müssten entspreche­nde Technologi­en vor dem Masseneins­atz schon aus rechtliche­n Gründen mehrmonati­ge Testzyklen zu unterschie­dlichen Jahreszeit­en bestehen.

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