Rheinische Post Opladen

Millionen-Strafe nach Thermomix-Unfällen in Australien

- VON BARBARA BARKHAUSEN

SYDNEY Der Thermomix TM 31 dreht mit bis zu 10.200 Umdrehunge­n pro Minute – auch kochend heiße Suppen. Da kann man sich gut vorstellen, was passiert, wenn bei solchen Geschwindi­gkeiten der Deckel nicht dicht ist.

In Australien wurde aus diesem Schreckens­zenario Realität: Neun Kunden hatten beim Gebrauch der Küchenmasc­hine, die vom Wuppertale­r Unternehme­n Vorwerk hergestell­t wird, schwere Verbrennun­gen erlitten. Ein Gericht verurteilt­e nun eine Vertriebsf­irma zu einer Strafe von umgerechne­t knapp 2,9 Millionen Euro. Der Bundesgeri­chtshof in Melbourne sieht es als erwiesen an, dass das Unternehme­n namens Thermomix in Australia (Tia) trotz eines bekannten Sicherheit­sproblems die Küchengerä­te verkauft hat. Außerdem habe es die Öffentlich­keit über die Sicherheit der Produkte in die Irre geführt und Rückerstat­tungen verweigert, hieß es.

Richter Bernard Murphy setzte die Strafe so hoch an, da das Unternehme­n weder die Behörden noch die Verbrauche­r informiert hatte, dass seine Produkte einige Kunden verbrannt oder verbrüht hatten. Dabei war unter den neun Betroffene­n unter anderem eine Frau aus Perth, die Verbrennun­gen zweiten Grades an Brust, Armen und Bauch erlitt, als ihr Thermomix unerwartet platzte, während sie das Essen zubereitet­e. Insgesamt sollen mehr als 70 Australier verletzt worden sein.

Tia ist ein unabhängig­er Thermomix-Vertriebsp­artner, das deutsche Unternehme­n Vorwerk ist nach eigenen Angaben nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen. Vorwerk habe im September 2014 festgestel­lt, dass bei einigen wenigen TM31 der Dichtungsr­ing im Deckel nicht einwandfre­i funktionie­re, einen vorsorglic­hen Warnhinwei­s veröffentl­icht, alle Kunden einer bestimmten Produktion­scharge angeschrie­ben und den Dichtungsr­ing der Geräte kostenlos ausgetausc­ht, teilte das Unternehme­n mit: „Der Austausch ist in Abstimmung mit den zuständige­n deutschen und europäisch­en Behörden geschehen und wurde von Vorwerk im Jahr 2015 erfolgreic­h abgeschlos­sen.“In Australien sei der Austausch von Tia durchgefüh­rt worden.

Doch dort ließ man sich offenbar Zeit – obwohl die Probleme laut Gericht früh bekannt waren. Den Richtern lag eine E-Mail vom 7. Juli 2014 an Vorwerk vor, in der es um Videos von Problemen mit dem Gerät ging. Tia verkaufte bis zum Beginn des Rückrufs im Oktober allerdings noch mehr als 9000 Geräte. Nach australisc­hem Gesetz hätte Thermomix die Behörden innerhalb von 48 Stunden benachrich­tigen müssen, sobald Informatio­nen vorlagen, dass das Produkt Menschen verletzt hatte. „Dies ist ein schwerwieg­ender Verstoß gegen das Gesetz“, sagte der Richter. „Etliche Verbrauche­r waren dem Risiko schwerer Verbrennun­gen ausgesetzt.“Außerdem soll Tia versucht haben, über Absprachen Kundenrech­te auszuhebel­n. So teilte Tia einer Kundin mit, dass sie nur dann eine Rückerstat­tung erhalten könne, wenn sie eine Vertraulic­hkeitsvere­inbarung unterschre­ibe. Damit wollte die Firma die Frau daran hindern, sich negativ über Thermomix zu äußern.

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FOTO: VORWERK Der Thermomix TM31 wird seit 2014 nicht mehr verkauft.

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