Rheinische Post Opladen

Falscher Polizist drohte mit Haftbefehl – 78-Jährige zahlte

- VON SIEGFRIED GRASS

KÖLN/LEVERKUSEN Wenn es darum geht, an die Ersparniss­e von älteren Menschen zu kommen, werden Betrüger immer erfinderis­cher. Im Prozess gegen einen 24-jährigen Studenten aus Mönchengla­dbach, der mit seiner perfiden Masche Rentner veranlasst­e, höhere Beträge auf ein Konto zu überweisen, sagte gestern eine 78-jährige Zeugin vor dem Kölner Landgerich­t. Sie hat 11.000 Euro verloren.

Dabei sind offenbar nicht nur Menschen von diesen Betrügerei­en betroffen, die aufgrund ihres Alters nicht mehr in der Lage sind, das Geschehen reell einzuordne­n. Jedenfalls hatte die geistig rege Frau, die für ihre Aussage eigens aus Berlin angereist war, vor Gericht eingeräumt, dass noch höher als der finanziell­e Schaden ihre Wut sei, auf eine solche Betrugsmas­che herein- gefallen zu sein. „Das wurmt mich immer noch.“

Denn die ihr aufgetisch­te Geschichte ist so abwegig, dass man sie kaum glauben mag. Da rief ein Mann an, der sich als Polizist ausgab. Der fabulierte etwas von einer Strafanzei­ge in der Türkei. Angeblich habe jemand mit den Personalie­n der Frau – und ihres längst verstorben­en Mannes – ein betrügeris­ches Geschäft gemacht. Die türkischen Behörden ermitteln. Ein Haftbefehl in der Türkei sei auf die Namen der Zeugin ausgestell­t. Einer Verhaftung – auch in Deutschlan­d – könne sie nur entgehen, wenn sie einen Geldbetrag als Kaution hinterlege. Sechstause­nd Euro gingen so auf das Konto einer Frau Müller, später gab’s eine weitere Zahlung.

Als dann allerdings noch eine Steuernach­zahlung von 12.000 Euro verlangt wurde, bekam die Geschädigt­e ein mulmiges Gefühl und vermutete den Betrug. Sie verweigert­e eine weitere Überweisun­g. Wie die Betrüger an die Anschrift und andere Daten der Zeugin kamen, konnte sich diese nur mit einem Türkei-Besuch aus dem Jahre 1999 erklären. Damals war sie mit ihrem Mann am Bosporus. Dabei habe man auch einen Teppich gekauft, diesen mit Kreditkart­e bezahlt und an die heimische Adresse liefern lassen. Schon hatten die Betrüger die erforderli­chen Daten. Dabei warteten sie offenbar so lange, bis die „Kunden“möglichst so alt sind, dass der „Polizei-Trick“funktionie­rt.

Die 78-jährige Zeugin staunte zum Schluss aber doch, als der Angeklagte sich im Gerichtssa­al bei ihr entschuldi­gte und versprach, den finanziell­en Schaden wieder gut zu machen. Nur müsse sie da etwas Geduld aufbringen – denn als Häftling sei er dazu im Moment nicht in der Lage, gab der Verteidige­r zu bedenken.

Der Prozess wird am Freitag fortgesetz­t.

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