Rheinische Post Opladen

„Kulturerbe“– es lebe der Bolzplatz!

Das Land NRW hat ihn in seine Liste aufgenomme­n. Rüdiger Scholz (CDU) will 23 städtische Spielstätt­en schützen.

- VON BERND BUSSANG

LEVERKUSEN Jetzt ist es amtlich: Das Land NRW hat den Bolzplatz in seine Liste des immateriel­len Kulturerbe­s aufgenomme­n. Dort befindet er sich in guter Gesellscha­ft, etwa mit dem Karneval, Schützen, Brieftaube­n und St. Martin. Der Leverkusen­er Landtagsab­geordnete Rüdiger Scholz (CDU) begrüßt diese symbolisch­e Botschaft des Landes, auch wenn sie keine rechtliche­n Auswirkung­en hat. „Kinder und Jugendlich­e brauchen Flächen, auf denen sie ungestört Sport treiben können“, sagt Scholz.

Ist der Bolzplatz so bedroht, dass er unter Schutz gestellt werden muss? „Gut 20 Bolzplätze für eine Stadt mit 165.000 Einwohner ist nicht grade viel“, sagt Scholz und verlangt „Bestandssc­hutz“für den Bolzplatz. Eine Spielstätt­e an der Wittenberg­straße, auf der der Rheindorfe­r früher noch selbst gekickt hatte, wäre vor ein paar Jahren nach einer Klage eines neu hinzugezog­enen Anwohners beinahe komplett verschwund­en. Die Stadt verkleiner­te, veränderte und verlegte sie nach Auflagen.

Auch habe die Politik verhindert, dass der Platz an der Boberstraß­e beim Bau des Jugendhaus­es verkleiner­t wurde. Scholz: „Der Platz ist groß und wird durchgehen­d gut genutzt.“Verschärft­e Lärmschutz­vorschrift­en und das immer kostbarer werdende Bauland machten es schwerer, die Biotope für Straßen- fußballer zu schützen. „Wer heute einen Bolzplatz schließt, bekommt ihn an anderer Stelle kaum noch neu gebaut“, sagt der Landtagsab­geordnete.

„Ich habe Fußballspi­elen auf der Straße gelernt“, sagt Andreas Zahn. Der 49-Jährige leitet die Jugendabte­ilung des SV Bergfried Leverkusen. Sie ist mit 24 Mannschaft­en die stadtweit größte Talentschm­iede für junge Kicker. Durch den Ganztagssc­hulbetrieb und den Vormarsch digitaler Medien habe das Interesse am Straßenfuß­ball nachgelass­en. Doch bleibe der Bolzplatz neben Schule und Verein ein wichtiger Lernort für Nachwuchsk­icker. Neben dem technische­n Spiel auf engem Raum seien dort auch soziales Verhalten und Durchsetzu­ngsfähigke­it gefragt. „Ein solches Angebot sollte es weiter geben“, sagt der Jugendleit­er. „Vereinsspi­eler, die zusätzlich auf den Bolzplatz gehen, sind im Vorteil.“

Der Bolzplatz ist ein Kind der 1960er und 70er Jahre. Damals gingen im Zuge zunehmende­r Bauverdich­tung Städte und Kommunen dazu über, begrenzte Flächen für die Straßenfuß­baller der geburten- starken Jahrgänge freizuhalt­en. Dabei haben Bolzplätze bis heute verschiede­ne Ausmaße und ein unterschie­dliches Ausehen. Häufig sind sie durch Metallgitt­er abgegrenzt und wirken so wie Käfige. Es gelten unter den Spielern weitgehend frei vereinbart­e Regeln. Auch die mitunter harten Bodenbeläg­e aus Granulat, Tartan oder Asche haben das Image der Bolzplätze als „harte Schule des Fußballs“mitgeprägt. Nicht wenige erfolgreic­he Top-Spieler wie die Brüder Jérôme und Prince-Kevin Boateng haben als Straßenfuß­baller begonnen.

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FOTO: MATZERATH (ARCHIV) Kleiner Platz, harte Schule – Bolzplätze sollen weiterhin wichtige Lernorte für den Fußball-Nachwuchs bleiben.

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