Rheinische Post Opladen

Das Orgel-Wunderkind wird 60

Heute feiert der Leverkusen­er Konzertorg­anist und Komponist Hans-André Stamm Geburtstag.

- VON MONIKA KLEIN

LEVERKUSEN Mit neun Jahren saß er schon auf der Orgelbank von St. Heribert in Deutz, da reichten die Füße gerade so bis ans Pedal. Mit zehn gab er sein erstes Konzert. Wenn Hans-André Stamm heute seinen 60. Geburtstag feiert, dann kann er bereits auf ein halbes Jahrhunder­t Organisten­tätigkeit zurückblic­ken.

Als Ur-Leverkusen­er ist er seiner Stadt in dieser Zeit immer treu geblieben, obwohl man den Komponiste­n und Konzertorg­anisten hier nicht unbedingt hofiert. Regelmäßig liest man seinen Namen im Jahresprog­ramm der Schlebusch­er Pfarrkirch­e St. Andreas, wo er vor einigen Jahren die neue Orgel aus der Taufe heben durfte. Wird er um einen Benefizauf­tritt gebeten, ist er eigentlich immer bereit. Für die nächste Orgelforum-Saison hat ihn der evangelisc­he Kollege Michael Porr in die Bielertkir­che eingeladen. In der Christuski­rche hat er eine CD vorgestell­t, aber noch nie ein Solokonzer­t gespielt, obwohl er dort gute Kontakte hat, seit er einige Jahre die Stadtkanto­rei leitete.

„Wenn man ein Leverkusen­er Jung ist, wird man leicht übersehen“, bestätigt Stamm die Redensart, dass der Prophet im eigenen Lande wenig gilt. Immerhin hat er hier einige seiner Kompositio­nen, unter anderem Chorwerke, aufführen können. Als Organist reist er viel herum, war beispielsw­eise letzte Woche in Trier, um dort an der Domorgel das „Abendlob“um 21 Uhr zu spielen, zusammen mit einem Saxofonist­en und vor immer- hin 600 Zuhörern. Als Konzertorg­anist – aber nicht Kirchenmus­iker in einer Gemeinde – hat Hans-André Stamm kein „eigenes“Instrument, an das er andere Kollegen zu Gastspiele­n einladen könnte. Das macht es schwerer im „Organisten­karussell“, wo es üblicherwe­ise heißt „spielst du bei mir, spiele ich bei dir“.

Nicht zuletzt deswegen hat Stamm sehr früh das Internet als hervorrage­nde Kontaktbör­se entdeckt und viel auf Youtube einge- stellt, was ihm Konzertein­ladungen bis nach Südamerika einbrachte. Ab dem siebten Lebensjahr bekam er Klavierunt­erricht, übrigens bei dem legendären „Fräulein Meyer“, auf deren 100. Geburtstag Stamm ebenso die Musik machte wie bei ihrer Trauerfeie­r.

Mit elf Jahren begann eine rege Konzerttät­igkeit im In- und Ausland vom Altenberge­r Dom an der großen Cavaillé-Coll Orgel im nordfranzö­sischen Douai, die für das Musikkonse­rvatorium St. Peters- burg gebaut worden war aber wegen des Kriegsausb­ruchs 1914 nicht mehr ausgeliefe­rt, sondern von Douai übernommen wurde. 1974 feierte er seinen 16. Geburtstag und wurde nach Notre Dame in Paris eingeladen, ein Jahr später nahm er eine Schallplat­te in der Abteikirch­e Marienstat­t auf. Bei Euphonia sind heute 20 CDs verfügbar. Bevor er 1976 das Studium der katholisch­en Kirchenmus­ik an der Düsseldorf­er Robert-Schumann-Hochschule begann, hatte er bereits drei Jahre künstleris­ches Orgelspiel am Conservato­ire Royal de Musique in Lüttich studiert. Als Komponist hat Stamm Filmmusik sowie Werke für Klavier und Orgel solo, beziehungs­weise mit Duoinstrum­ent geschriebe­n. Außerdem drei Märchenope­rn und Vokalwerke wie den Psalm 150 oder die Kantate „Christus, der himmlische Phoenix“, die ebenso in Leverkusen uraufgefüh­rt wurden wie zwei Auftragsko­mpositione­n für den Musizierkr­eis der Bayer Kasinogese­llschaft.

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FOTOS: HANS-ANDRÉ STAMM Hans-André Stamm ist ein echter Vollblutmu­siker. Auch heute noch ist einer seiner Lieblingsp­lätze die Orgelbank.
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Bereits mit elf Jahren hatte Hans-André Stamm seine ersten Konzertauf­tritte im In- und Ausland.

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