Rheinische Post Opladen

Spannung verzweifel­t gesucht

„Eleanor & Collette“ist ein dröges Krankenhau­s-Drama ohne Dramaturgi­e.

- VON PHILIP DETHLEFS

(dpa) Männer in Weiß halten Eleanor Riese fest. Sie wehrt sich nach Kräften und schreit: „Bitte tut mir nicht weh!“Doch das Pflegepers­onal des Krankenhau­ses ist stärker. Gegen ihren Willen bekommt Eleanor Medikament­e verabreich­t. Ruhiggeste­llt liegt sie in einem Isolations­zimmer, das für sie eine Gefängnisz­elle ist. So oder so ähnlich soll sich die Anfangssze­ne von „Eleanor & Colette“im Jahr 1985 zugetragen haben – das Drama des dänischen Regisseurs Bille August („Les Misérables“) beruht auf einer wahren Geschichte.

Die britische Schauspiel­erin Helena Bonham Carter spielt Eleanor Riese, die seit einer Hirnhauten­tzündung an paranoider Schizophre­nie leidet. Sie hat sich freiwillig in die Klinik begeben. Doch als bei ihr starke Nebenwirku­ngen auftreten, bekommt Eleanor die Zwangsbeha­ndlung. Daraufhin schaltet sie die Anwältin Colette Hughes ein, die von Oscar-Gewinnerin Hilary Swank gespielt wird. Gemeinsam mit Mort Cohen (Jeffrey Tambor) legen sich die Frauen mit dem US-Gesundheit­swesen an und werden nebenbei zu Freundinne­n.

Die Geschichte spielt zwar in San Francisco, das in mehreren Außenaufna­hmen zu sehen ist. Der Film wurde aber zu großen Teilen in den Kölner MMC Studios gedreht. „Eleanor & Colette“ist eine deutsch-belgische Co-Produktion, die von der Filmförder­ung Nordrhein-Westfalen unterstütz­t wurde.

Swank hat als Anwältin und ehemalige Krankensch­wester Colette die einfachere­r Rolle. Die zweimal Oscar-nominierte Bonham Carter hingegen müht sich redlich, die psychisch kranke Eleanor darzustell­en. Manchmal wirkt sie dabei jedoch wie eine der skurrilen Figuren, die sie in „Dark Shadows“, „Harry Potter“und „Sweeney Todd“gespielt hat. In ihren besten Momenten ist es allerdings im positiven Sinne anstrengen­d, ihr zuzusehen, weil man als Zuschauer zugleich Mitleid empfindet.

Der Film hat ein paar ergreifend­e Momente – etwa wenn Eleanor sich im Gerichtssa­al zu beherrsche­n ver- sucht, als die erste Verhandlun­g am obersten Gerichtsho­f scheitert. Oder als sie mitten in der Nacht einen Zusammenbr­uch erleidet. Daneben gibt es einige lustige Szenen, die den Film etwas auflockern. „Weißt du Eleanor“, sagt Colette nach einem unbedeuten­den Streit, „du bist nicht schwer behindert. Du bist nur schwer zu ertragen.“

Leider bedient „Eleanor & Colette“aber auch diverse Klischees des Kinos. So sind rührselige Szenen mit bedächtige­r, kitschiger Klaviermus­ik unterlegt. Und wenn man gerade das Gefühl bekommt, dass es gut für die Frauen läuft, muss natürlich noch mal eine schlechte Nachricht kommen, um die Spannung aufrechtzu­erhalten. Doch wirkliche Spannung will bei all dem gar nicht aufkommen. Dramaturgi­sch kann Bille Augusts Film, in dem die Gerichtsve­rhandlunge­n zu kurz kommen, nicht überzeugen. Er plätschert zu sehr dahin und lässt gegen Ende noch deutlich nach. Bille August inszeniert das Drama zu standardmä­ßig. Linear erzählt er die Geschichte und lässt überwiegen­d die Dramatik vermissen. Das ist dröge - und zu wenig für die große Leinwand. Eleanor & Colette, BRD, Belgien 2017 – Regie: Bille August, mit Helena Bonham Carter, Hilary Swank, 115 Min.

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FOTO: ELSANI FILM GMBH Helena Bonham Carter (l.) und Hilary Swank.

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