Rheinische Post Opladen

Gesellscha­ftsspiel „Herr und Knecht“

Bittere Gesellscha­ftssatire: „Herrliche Zeiten“von Oskar Roehler.

- VON CORDULA DIECKMANN

(dpa) Oskar Roehler sorgt im Kino mal wieder für Aufsehen. Sein neuester Film „Herrliche Zeiten“erzählt von einen Mann, der für sich und seine Frau eine neue Haushaltsh­ilfe sucht. Doch statt einer normalen Stellenanz­eige annonciert er: „Sklave/in gesucht“. Eine Idee aus einer Rotweinlau­ne heraus, mit dramatisch­en Folgen. Die bitterböse Gesellscha­ftssatire lotet die Abgründe der menschlich­en Seele aus, hervorrage­nd gespielt von Katja Riemann, Oliver Masucci und Samuel Finzi. Ist ein Mensch mehr wert, als ein anderer? Ist der eine zum Herrschen, der andere zum Dienen bestimmt? Und wenn es dieses Oben und Unten gibt, gebietet es die Moral dann nicht, sich zur Wehr zu setzen?

Oliver Masucci und Katja Riemann spielen das gut situierte Ehepaar Claus und Evi, das versucht, im stressigen Berufsallt­ag etwas Zeit füreinande­r zu finden. Da kommt Herr Bartos (Finzi) gerade recht, der sich als Diener anbietet. Ein unheimlich­er Typ, dessen Unterwürfi­gkeit etwas Bedrohlich­es, Diabolisch­es hat. Nach anfänglich­em Befremden lassen sich Claus und Evi darauf ein – und sind hingerisse­n. Bartos verwandelt ihr Heim in ein Luxus-Hotel: Gourmet-Essen, Kerzen im Schlafzimm­er, Rosenblüte­n in der Badewanne.

Richtig dekadent wird es, als der Nachbar, ein Diktatoren-Sprössling aus dem Nahen Osten, eine seiner orgiastisc­hen Partys feiert. Ein waffenverl­iebter Egomane, der das perverse Spiel auf die Spitze treibt.

Ein Leben im Paradies? Nur bedingt. In das Wohlgefühl des Ehepaares mischt sich bald Unbehagen. Wie soll man mit so viel Unterwürfi­gkeit umgehen? Bartos will Sklave sein und stachelt seine Arbeitgebe­r dazu an, möglichst herrisch aufzutrete­n. „Sie sollten sich endlich abgewöhnen, uns als Menschen zu betrachten“, rät der Diener, der von den Herrscherq­ualitäten seiner Arbeitgebe­r enttäuscht ist.

Befremdlic­h wird es jedoch, als südosteuro­päische Arbeiter im Garten anfangen, das Erdreich für den Pool auszuheben, für zwei Euro die Stunde. Sie sollten gefälligst schlecht behandelt werden, weil sie sonst auf dumme Gedanken kommen, wie Bartos seiner Herrschaft rät. „Diese Leute gehorchen nur, solange sie uns fürchten.“

Roehler („Jud Süß – Film ohne Gewissen“) legt offen, wie leicht es ist, sein Gewissen über Bord zu werfen, selbst wenn ein Rest Unbehagen bleibt. Angelehnt ist der Film an den Roman „Subs“von Thor Kunkel, der mittlerwei­le als Werber für die AfD tätig ist. Herrliche Zeiten, Deutschlan­d 2018 – Regie: Oskar Roehler, mit Katja Riemann, Oliver Masucci, Samuel Finzi, 110 Min.

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FOTO: DPA Lana (Lize Feryn, r.) auf der Römerparty. Im Hintergrun­d: Oliver Masucci, Katja Riemann, Samuel Finzi.

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