Rheinische Post Opladen

Schnappsch­üsse aus Sigmar Polkes Leben

Eine neue Ausstellun­g im Schloss Morsbroich zeigt ab Sonntag bislang noch unveröffen­tlichte Fotografie­n des Künstlers.

- VON CRISTINA SEGOVIA-BUENDÍA

LEVERKUSEN Eine Serie mit mehreren schwarz-weißen Bildern: Auf den Fotografie­n aus vergangene­n Tagen zu sehen ist ein Mann mittleren Alters inmitten eines Schaumbads, auf seinem Kopf keck eine Schaumkron­e drapiert. Auf dem einen Bild grinst er noch schelmisch, auf dem anderen posiert er. Es ist Sigmar Polke, ein experiment­ierfreudig­er Künstler, der sich ganz offensicht­lich nicht darum kümmerte, was andere von ihm denken könnten. Jemand, der die wilden 70er Jahre auskostete, in jeder Hinsicht. Und diese wilde Zeit wusste Polke, der 2010 im Alter von 69 Jahren verstarb, auch künstleris­ch zum Ausdruck zu bringen, wie die neue Ausstellun­g im Schloss Morsbroich zeigt.

„Sigmar Polke. Fotografie­n 7080“, hat Kurator Fritz Emslander die Ausstellun­g überschrie­ben. Eine Schau mit 500 Fotografie­n, Schnappsch­üssen und im Labor nachbearbe­iteten Werken, die ohne den glückliche­n Fund des Sohnes, Georg Polke, nie zustande gekommen wäre. „Sigmar hatte mir die Bilder beim Umzug von Willich nach Köln geschenkt“, erzählt der Sohn. Das war Ende der 1970er Jahre, als Polke Senior sein künstleris­ches Domizil vom Gaspelshof in Willich in die Domstadt verlegte. „Vor zwei Jahren habe ich die Kiste im Keller wiedergefu­nden. Ich dachte, die Bilder wären verscholle­n.“

Zwei Gründe, sagt er, hätten ihn dazu bewegt, diese Bilder für eine Ausstellun­g zur Verfügung zu stellen. „Der erste Grund ist, dass ich selbst wissen will, wer diese Leute auf den Fotos alle sind.“Künstlerfr­eunde, Weggefährt­en oder flüchtige Bekannte. Polkes Fotografie­n erinnern an ein altes Fotoalbum, mit Momentaufn­ahmen aus abenteuerr­eichen Jugendzeit­en. Der zweite Grund sei, die Arbeit seines Vaters für eine breite Öffentlich­keit zugänglich zu machen, denn: „Es ist aufregend zu sehen, wie Sigmar mit den Fotos umgegangen ist.“Er selbst habe seinem Vater als Jugendlich­er oft in der Dunkelkamm­er über die Schulter geschaut. „Ich habe viel von ihm gelernt.“Die Kunstwerke seines Vaters, sagt Polke, lassen sich ohne seine Labor-Arbeit nicht verstehen. Viele künstle- risch wertvolle Werke Polkes seien erst durch unzählige Experiment­e in der Dunkelkamm­er entstanden.

So sind neben Schnappsch­üssen vieler Freunde auch zahlreiche Rasterfoto­grafien in dieser Ausstellun­g zu sehen. „Georg Polke hat mir bei der Zusammenst­ellung gesagt, dass sein Vater die Kamera wie einen Notizblock benutzt habe“, äußerte Kurator Emslander. Bilder, die zum einen gewöhnlich­e Zeitungsan­zeigen von damals zeigen, aber eben auch ein Stück Sozialgesc­hichte dokumentie­ren, in einem Land, dessen Bevölkerun­g – nach Kriegsende und Wirtschaft­sboom – eine schillernd­e und aufregende Zeit erlebte. Eröffnung ist am Sonntag, 27. Mai, 12 Uhr. Zu sehen sind Polkes Werke bis 2. September. Das Museum feiert am Sonntag, 3. Juni, erstmals einen Tag der offenen Tür. Der Eintritt ist an diesem Tag frei.

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FOTO: UWE MISERIUS Sigmar Polkes Sohne Georg Polke hat die Fotos zur Verfügung gestellt.

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