Rheinische Post Opladen

Aus drei mach eins – Brandt fährt zur WM

Während Joachim Löw Jonathan Tah und Bernd Leno aus dem Aufgebot für die Weltmeiste­rschaft in Russland gestrichen hat, ist Julian Brandt Teil der „Operation Titelverte­idigung“. Bei seiner Begründung blieb der Bundestrai­ner wortkarg.

- VON DORIAN AUDERSCH

LEVERKUSEN Lange wollte sich Joachim Löw nicht mit Erklärunge­n aufhalten. Seine Gedanken bei der Zusammenst­ellung des Kaders für die WM behielt er weitgehend für sich. Einzig zu Manuel Neuer verlor der 58-Jährige einige konkrete Sätze. Ansonsten blieb er im Allgemeine­n. Fragen waren bei der Verkündung nicht zugelassen. Unter den vier Gestrichen­en sind neben Leroy Sané (Manchester City) und Nils Petersen (SC Freiburg) zwei Spieler der Werkself: Bernd Leno und Jonathan Tah. Aus dem Trio von Bayer 04, das Teil des vorläufige­n Kaders war, hat in Julian Brandt nur einer das Ticket für Russland gelöst. Der zweite Leverkusen­er bei der WM ist Tin Jedvaj, der es ins kroatische Aufgebot geschafft hat.

„Wir haben uns diese Entscheidu­ng nicht einfach gemacht“, betonte Löw. Er habe mit den vier Betroffene­n gesprochen und könne ihre Enttäuschu­ng verstehen: „Im Grunde genommen ist es so, als stehe man schon beim Check-in für den Flug nach Moskau am Schalter und dürfe am Ende nicht in die Maschine einsteigen.“

Bei Jonathan Tah kommt die Nichtnomin­ierung kaum überrasche­nd. Der 22-Jährige war als „Notfallpla­n“gedacht, falls Stammverte­idiger Jérôme Boateng nicht rechtzeiti­g fit werden sollte, und galt als sicherer Streichkan­didat – obwohl er bereits bei der EM 2016 als Nachrücker Teil der Nationalma­nnschaft war. Boateng ist indes wieder fit, und die DFB-Auswahl hat auf der Position des Innenverte­idigers ein Überangebo­t. Tah sei ein Mann für die Zukunft, sagte Löw.

Anders ist die Sache bei Bernd Leno gelagert, der das Rennen ge- gen Kevin Trapp (Paris St. Germain) um die „Nummer drei“im deutschen Tor hinter Manuel Neuer und Marc-André ter Stegen für sich entschiede­n zu haben schien. Doch Löw verzichtet auf die Dienste des wechselwil­ligen Schlussman­ns. Ein Grund könnte auch sein, dass der 26-Jährige seit Wochen von Transferge­rüchten umrankt ist – und das bringt erfahrungs­gemäß Unruhe, die bei einer WM stört.

Leno zieht es ins Auslan, er kann dem Vernehmen nach die Werkself trotz seines Vertrages bis 2020 für eine fixe Ablöse von 25 Millionen Euro verlassen. Nach einigem Hin und Her soll nun wieder der italienisc­he Erstligist SSC Neapel das Ziel von Bayers Stammtorhü­ter sein, der in der vergangene­n Saison in 38 Pflichtspi­elen zwischen den Pfosten stand. Auch der FC Arsenal ist noch in der Verlosung. Das ist eine Diskussion, die Löw vermutlich nur ungern mit nach Russland nehmen will. Aus sportliche­r Sicht dürfte Leno die Nase knapp vorn haben, denn Trapp kam in der vergangene­n Saison in Paris nur sporadisch zum Einsatz. „In erster Linie tut es mir leid für Bernd, dass er jetzt abreisen muss. Er ist ein Super-Torwart, das wissen wir alle“, kommentier­te Neuer die Entscheidu­ng des Bundestrai­ners.

Bleibt Julian Brandt, der zwar bei der 1:2-Testspieln­iederlage in Österreich nur bedingt überzeugen konnte, aber dabei immer noch eine bessere Figur als Positionsk­onkurrent Leroy Sané machte. Dass Löw Bayers 22-jährigem Blondschop­f den Vorzug vor dem zum besten jungen Spieler der Premier League gekür- ten Ex-Schalker gibt, der von 2008 bis 2011 in Jugendteam­s der Werkself spielte, ist eine Adelung. Nach der Silbermeda­ille bei den Olympische­n Spielen in Rio 2016, dem Confed-Cup-Sieg vergangene­s Jahr in Russland und nun der anstehende­n WM geht Brandt in seinen dritten Turniersom­mer in Folge.

Er wird die Rückennumm­er 20 tragen – ebenso, wie beim letzten Testspiel der deutschen Auswahl vor der WM am kommenden Freitag gegen Saudi-Arabien in der BayArena (19.30 Uhr).

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FOTO: IMAGO (ARCHIV) Da geht’s nach Russland: Julian Brandt (l.) ist der einzige Spieler von Bayer 04 im WM-Kader von Bundestrai­ner Joachim Löw. Es ist sein dritter Turniersom­mer in Folge.

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