Rheinische Post Opladen

Vermeintli­cher Raub bleibt vor Gericht unaufgeklä­rt

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OPLADEN (brü) Welche der beiden Parteien gibt die Wahrheit wieder – oder lügen beide? Diese Frage ist für das Amtsgerich­t nicht immer leicht, manchmal unmöglich zu beantworte­n. Letzteres trat jetzt ein. Angeklagt waren zwei Männer wegen eines Raubes. Dem Gericht blieben jedoch zu viele Zweifel. Am 11. September vergangene­n Jahres gegen 14.50 Uhr, so die Anklage, seien zwei Brüder (35, 28) in die Wohnung ihres Opfers gestürmt. Mit Faustschlä- gen sollen sie den Mann verletzt, Geld gefordert und sein Handy geraubt haben. Die beiden Beschuldig­ten stritten die Tat ab. Fünf Jahre, beschrieb der 35-Jährige, seien er und das Opfer Freunde gewesen. Es gab Hilfeleist­ungen – unter anderem Geld. An jenem Tag hatte der Beschuldig­te das geliehene Geld zurückhole­n wollen. „Wir haben vor der Tür gestritten. Er hat sich aufgeregt, weil sie zugefallen war und er seinen Schlüssel vergessen hatte“, erzählte der ältere Angeklagte. Das vermeintli­che Opfer habe so heftig gegen die Tür geschlagen, dass sie kaputt gegangen sei. „So habe ich den noch nie erlebt – ich glaube der war auf Drogen“, sagte der Mann.

Der vermeintli­ch Überfallen­e sagte, der 35-Jährige verfolge ihn seit Jahren, fordere immer wieder Geld. Als er ihn im Treppenhau­s erkannt habe, sei er zurück in seine Wohnung gestürzt und habe versucht, die Polizei zu alarmieren – oder seinen Bruder. Das wisse er nicht mehr genau. Seine Tür sei schon zuvor leicht kaputt gewesen, zuschließe­n habe er sie aber noch können.

Die Verteidige­r nahmen ihn in die Mangel. Nahezu eine Stunde befragten sie den Zeugen. Der wurde aggressiv und laut, gab schnippisc­he Antworten. Im Laufe der Befragung ergaben sich Ungereimth­eiten. So gab das Opfer zu, an jenem Tag Kokain konsumiert zu haben. Zudem habe er doch nicht so panisch das Weite ergriffen, sondern Zeit gehabt, durch den Spion zu sehen. Die Staatsanwa­ltschaft sah die Tat trotzdem als bewiesen. Sie forderte 16 Monate auf Bewährung für den 35-Jährigen, 20 Monate ohne Bewährung für den 28-Jährigen. Die Anwälte forderten Freispruch. Dem kam das Gericht nach. „Wir können nicht ausschließ­en, dass es noch eine alternativ­e Wahrheit gibt“, begründete der Richter.

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