Applaus für Einblicke in die Schatzkammer des Unterbewussten
Der Literaturkursus der Stufe 12 an der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule überzeugte mit der Inszenierung der schwierigen Erzählung „Der Sandmann“.
LEVERKUSEN Zwar musste sich das Auditorium in der Käthe-KollwitzSchule vor dem Start noch eine Viertelstunde gedulden. Dann aber bekamen rund 50 Zuschauer eine erstaunlich gute Inszenierung der 1816 erstmals veröffentlichten Erzählung von E. T. A. Hoffmann „Der Sandmann“zu sehen. Dargestellt wurde sie von Schülern des Literaturkurses der Jahrgangsstufe 12. Das höchst engagierte Schauspiel bot von allem etwas: Tanz und Bewegung, Drama und Trauer, Freude und Hoffnung, Grausen und Abscheu.
Die Geschichte erzählte vom Leben und Schicksal des Studenten Nathanael, der unter dem Einfluss von traumatischen Kindheitserinnerungen dem Wahnsinn verfiel. Sie startete mit kanonischem Stimmengewirr, ehe Dialoge und überzeugendes Bühnenspiel folgten. Obwohl Josan Amleke und Yousra Tahak als Olimpia mit „Ach, ach…“lediglich einen kleinen Textanteil hatten, gebührt ihnen dennoch großes Lob. Vor allem wegen ihrer absoluten Körperbeherrschung, mit der sie minutenlang wie eine Spieluhrenfigur agierten. Die Amme (Delaxsha Arumuganthan) gefiel ebenso wie der Sandmann, der von „Sandfrau“Morena Andre Ndofula verkörpert wurde.
Schade war nur, dass der junge Mann, der die Hauptrolle des Na- thanael übernommen hatte, so schlecht zu verstehen war.
Alles begann mit klassischer Prosa. Ganz allmählich – und mit Unterstützung des Schauspielers Kleber Valim vom Theaterpädagogischen Zentrum (TPZ) Köln – gelang die Erarbeitung des als rätselhaft empfundenen Stückes. Dank der Schauspieltechnik von Michael Tschechow wurde die komplexe Episode von Traumatisierung, dunklen Ahnungen und Wahnsinn erst richtig verständlich. Der Mann, der einst auch Ingrid Bergman, Gregory Peck und Marilyn Monroe unterrichtete, hatte empfohlen, die „Schatzkammer des Unterbewusstseins“anzuzapfen. Und einzelne Szenen und die gesamte Atmosphäre zu berücksichtigen, um das Spiel der Akteure zu einem harmonischen Ganzen werden zu lassen.
Den Dreh fanden die Schüler durch Mehrfachbesetzungen und Rotationsprinzip. Sie entwickelten zusätzliche Figuren wie den Dämon, in dessen Rolle Manzenza Nzuzi schlüpfte. Die gleiche Form der Vorstellungskraft, die zur Verkörperung von Figuren geführt hatte, ließ in den Mitwirkenden auch Ideen zu Requisiten und Kostümen entstehen. Trotz des düsteren Rahmens war auf der Bühne eine romantische Erzählung über das Schicksal einer Künstlerseele entstanden. Dafür gab es viel Applaus.