Rheinische Post Opladen

Zeuge berichtet von Mordplan gegen Staatsanwa­lt

-

(wuk) Ein neuer Kronzeuge, der nicht zu Wort kam, aber auch von einem Mordplan gegen einen Staatsanwa­lt berichtet haben soll, ein Angeklagte­r, der seit der Freilassun­g aus der U-Haft angeblich im Wald lebt, und Aussagen von drei Opfern des Wehrhahn-Anschlags, die unter den Folgen der Bombenexpl­osion vom Juli 2000 bis heute leiden: Das brachte die Fortsetzun­g des Landgerich­tsprozesse­s gegen einen 52-jährigen Ex-Soldaten. Ihm wird zwölffache­r Mordversuc­h an- gelastet, weil er aus Fremdenhas­s vor fast 18 Jahren mit einer Rohrbombe einen Anschlag auf eine Gruppe osteuropäi­scher Sprachschü­ler verübt, zehn davon teils schwer verletzt haben soll, ein Baby starb im Mutterleib.

Vor drei Wochen hatte das Gericht den Angeklagte­n aus der U-Haft entlassen, da gegen ihn nach 25 Prozesstag­en und 30 Zeugen kein dringender Tatverdach­t mehr bestehe. Seitdem lebt der Mann in einem Zelt im Wald, hieß es nun. Ob das in Ratingen an einer Bahnstreck­e liegt oder nahe dem Gerichtsge­bäude, darüber gibt es unterschie­dliche Versionen. Fakt ist: Seit Juli 2000 beteuert er seine Unschuld. Ein früherer Mitgefange­ner hatte vor zwei Jahren aber behauptet, der Ex-Soldat habe ihm hinter Gittern die Tat gestanden. Daraufhin waren Ermittlung­en gegen den Ex-Soldaten wieder aufgenomme­n, bis zur Anklage und dem Prozessbeg­inn vorangetri­eben worden. Doch nach seiner Freilassun­g hatte sich dann plötzlich noch ein Ex-Mithäftlin­g gemeldet und beteuert, der Ex-Soldat habe sich auch bei ihm als Wehrhahn-Bomber zu erkennen gegeben – und er habe davon berichtet, er wolle einen Staatsanwa­lt umbringen. Dieser neue Zeuge (ein 46jähriger Drogenabhä­ngiger, der in U-Haft auf seinen Prozess wegen einer Krefelder Geiselnahm­e wartet) konnte gestern aber nicht vernommen werden. Einige der Opferanwäl­te wollen vorher noch seine Notizen über angebliche Gespräche mit dem Angeklagte­n lesen und auswerten. Also wird der neue Kronzeuge erst am nächsten Donnerstag gehört. Konkreter waren die Aussagen von drei der damaligen Bombenopfe­r. Keiner von ihnen hatte kurz vor der Explosion damals verdächtig­e Umstände oder Personen am S-Bahnhof Wehrhahn bemerkt. Doch ein 68-Jähriger, eine 70-jährige Rentnerin und ihre Schwiegert­ochter (43) erzählten gestern, dass sie bis heute unter den Tatfolgen leiden, dass bei ihnen die Angst anhält, besonders bei Knallgeräu­schen. Die 43-Jährige sagte: „Das ist schwer zu verarbeite­n.“Speziell an Silvester, wenn Böller hochgehen, „sind die Bilder wieder präsent“. So könne sie sich genau erinnern an das ohnmächtig­e Stöhnen der anderen, teils schwer verletzten Mitschüler, die am S-Bahnhof damals einige Meter hinter ihr gegangen waren – und dort die größere Wucht der Explosion und viel schlimmere Verletzung­en erlitten hatten. Am Montag geht der Indizienpr­ozess weiter.

Newspapers in German

Newspapers from Germany