Der Roboter-Mann
Kai Eikermann ist einer der ganz unterschiedlichen Clowns, die gerade im Zirkus Roncalli in Düsseldorf auftreten. Sein menschlicher ColaAutomat gehört zu den Glanzlichtern des Programms.
DÜSSELDORF Der Clown, sagt er, war er eigentlich immer. Angefangen mit der Schulzeit in der ehemaligen DDR, als der Klassen-Clown Kai Eikermann den Mut fasste, im Klassenbuch den gut geheimgehaltenen Vornamen der Lehrerin nachzuschlagen und bekanntzugeben, was damals nicht gewünscht war. „Sie hieß Sabine, und so hat sie die Klasse dann auch begrüßt“, sagt Eikermann und grinst noch heute breit bei der Erinnerung – dabei sind seitdem viele Momente dazu gekommen, in denen er Menschen zum Staunen oder Lachen gebracht hat, oder beides. Er war als Breakdancer und tanzender Comedian unterwegs, spielte mit Eckart von Hirschhausen im „Think Theatre“und begeisterte Tausende Menschen mit seiner Show. In dieser Saison zeigt er sie im Zirkus Roncalli.
Zu sehen gibt es in der ZirkusShow eine seiner Parade-Nummern: den „lebenden Cola-Automaten“, eine ohne Worte funktionierende Mischung aus roboterhaften Tanzbewegungen (bei Tänzern heißt der Stil „Electric Boogie“) und Körper-Comedy. Das Publikum findet’s hinreißend komisch – und zeigt sich gleichzeitig beeindruckt, denn die Tanz-Anteile kommen mit geradezu – ja – maschinenhafter Präzision.
Dann ist da noch eine zweite Nummer, die Eikermann als große Überraschung angelegt hat und die inzwischen zu den Highlights des Zirkusabends zählt. „Ich habe großen Spaß daran.“
Geboren wurde er in Ost-Berlin – zog allerdings als Neunjähriger mit seiner Familie nach Ghana. Seine Mutter hatte einen ghanaischen Austauschstudenten kennengelernt: „Als der irgendwann zurückging, hat sie Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, damit wir alle dort hinziehen können.“In Ghana erlebte er ein anderes Lebens- und Körpergefühl, und so habe er auch niemals eine Scheu entwickelt, sich vor anderen zu bewegen. In der Schule gewann er einen DiscoTanzwettbewerb, dazu kam die Musik von Kraftwerk, die ihn nicht losließ: „Ich wurde zum Roboter.“Als er nach Berlin zurückging – in den Westen –, war dort der Breakdance groß gefragt. „Auf diesen Zug bin ich aufgesprungen.“Er hätte durchaus etwas anderes machen können. An der internationalen Schule in Ghana hatte er Bestnoten, studierte in Deutschland acht Semester lang Luft- und Raumfahrttechnik (passt zur Roboter-Nummer). „Irgendwann hat das Tanzen gewonnen“, sagt Eikermann. Seine Mitschüler hätten stets vorausgesagt, er werde einmal Professor: „Wenn ich denen jetzt erzähle, ich bin Clown...“
Vorige Woche hatte Eikermann, der drei erwachsene Söhne hat, Geburtstag. 55 wurde er, und da horcht man schon auf, wenn einer so intensiv mit seinem Körper arbeitet. „Man muss seinen Weg finden, damit umzugehen“, sagt Eikermann: „Der Weg vom Tänzer zum Clown ist da an sich schon folgerichtig – und für mich war er auch immer irgendwie dabei.“Bierernst genommen habe er das Tanzen im Gegensatz zu vielen Hiphoppern nie: „Ich habe immer beim Tanzen auch Blödsinn gemacht.“Entschieden hat er aber auch, und das ist durchaus ein kleines Zugeständnis an das Alter, sich in den Breakdance-Teilen seiner Show nicht mehr auf dem Kopf zu drehen: „Das muss wirklich nicht mehr sein.“Was dagegen keine Altersfrage ist, ist die Kreativität – und die gehe ihm auch nach so vielen Jahren nicht aus: „Wenn man dafür eine echte Leidenschaft hat, dann wird es nicht langweilig. Und auch wenn eine Nummer länger existiert: Man kann immer wieder etwas ändern und verbessern.“Kürzlich hat Eikermann einen Vertrag für ein weiteres Jahr bei Roncalli unterschrieben, das Zirkusleben gefällt ihm, und wie alle es miteinander teilen. „Ein Nomadenleben habe ich schon vorher geführt, das ist mir nicht fremd.“Und die Atmosphäre zwischen allen sei ganz toll.