Rheinische Post Opladen

Kita-Eltern: Mittagesse­n gehört dazu

Die Einschätzu­ngen von mehr als 8000 Eltern haben eine Debatte um Stundenkon­tingente und Öffnungsze­iten in Gang gesetzt.

- VON JÖRG JANSSEN

Jugendpoli­tiker und Eltern fordern Konsequenz­en aus der Befragung zur Betreuung in den Kindertage­sstätten, an der sich Mütter und Väter von etwa 8100 Kita-Kindern beteiligt hatten. Die Top-Fakten: Die Ausgangsla­ge Bislang können Eltern ihren Nachwuchs in aller Regel 25, 35 oder 45 Stunden pro Woche betreuen lassen. Bei 35 Stundenkon­tingent geht das mit und ohne Übermittag­betreuung. Wer einen Platz ohne Essen zugeteilt bekommt, kann sein Kind nachmittag­s ein zweites Mal bringen. Das aber wollen die wenigsten. Bei den Öffnungsze­iten wünscht sich das Gros der Mütter und Väter mehr Spielräume am frühen Morgen sowie am späten Nachmittag. Gefragt sind Öffnungsze­iten vor 7.30 Uhr und nach 17 Uhr. Eine frühere Öffnung bieten zurzeit 85 der stadtweit 360 Kindertage­sstätten an, 34 ermögliche­n das am Nachmittag, wobei das Gros entweder um 17.30 oder um 18 Uhr schließt. Die politische Debatte Paula Elsholz, jugendpoli­tische Sprecherin der Grünen, fordert rasche Konsequenz­en. „Wir müssen etwas tun, und zwar dringend.“Zwar seien 80 Prozent der Befragten mit dem wöchentlic­hen Stundenkon­tingent und fast 70 Prozent mit den Öffnungsze­iten zufrieden. „Das bedeutet aber im Umkehrschl­uss: rund 1600 beziehungs­weise 2500 Elternteil­e sind es nicht“, meint Elsholz. Unbestreit­bar sei der Arbeitsdru­ck auf Paare und erst recht auf Alleinerzi­ehende gestiegen. „Da können 15, 20 oder 30 Minuten mehr Öffnungsze­it entscheide­nd sein. Deswegen werte ich die Befragung als Auftrag, die Randzeiten zu erweitern. Etwas anders schätzt das SPDRatsfra­u Claudia Bednarski ein: „Flexibilit­ät ist gut, aber wir können Öffnungsze­iten nicht unendlich erweitern, nur weil wir glauben, dass der Arbeitsmar­kt es so erfordert.“Es gehe halt nicht nach dem Motto „hier noch eine Stunde länger und da noch mal eine Stunde länger“. Vielmehr sollten Arbeitgebe­r verstärkt familienfr­eundliche Arbeitszei­tmodelle anbieten. Bednarskis These, man könne nicht unbegrenzt Wünsche von Arbeitgebe­rn erfüllen, sorgte zuletzt im Jugendhilf­eausschuss für Widerspruc­h. „So ist aber nun mal die Realität“, lautete ein Zwischenru­f. Die Kita-Eltern Eine flächendec­kende Ausdehnung der Öffnungsze­iten hält auch Marcel Scherrer, Sprecher der im Jugendamts­elternbeir­at (JAEB) organisier­ten Düsseldorf­er Kita-Eltern, nicht für geboten. Gut fände er, wenn es in jedem Stadtbezir­k ein oder zwei Standorte mit erweiterte­n Randzeiten am Morgen und am Abend gebe. „Aber nicht jeder Einzelfall kann über ein Angebot der Stadt oder eines freien Trägers gelöst werden. Wer eine ganz besondere Situation hat, muss auch bereit sein, selbst nach individuel­len Lösungen zu suchen“, sagt der 39-Jährige, der als Kameramann und Regisseur arbeitet. Mittlerwei­le gingen in den meisten Beziehunge­n beide Partner arbeiten – aus ganz unterschie­dlichen Gründen. Den Trend zur Vollzeit-Betreuung (45 Wochenstun­den) hält er für unumkehrba­r. Vorwürfe, Eltern würden sich hier einfach nur entlasten, hält er für deplatzier­t. „Meine Frau Julie arbeitet in einem Schulbuchv­erlag und wir haben zwei Kinder, Mia geht in die Schule, Jonah in die Kita. Um das alles unter einen Hut zu kriegen, brauchen wir die Vollzeitbe­treuung. Klar sei, dass sich das 35 Stundenkon­tingent ohne Mittagesse­n überholt habe. „Das ist ein Auslaufmod­ell“, sagt Scherrer. Umgekehrt habe die Umfrage deutlich gemacht, „dass wir in Düsseldorf keine 24-Stunden-Kitas mit DreiSchich­t-Modell etablieren müssen“. Die Stadt Auch das Rathaus sieht den Handlungsb­edarf. „Es geht um Passgenaui­gkeit“, sagt Stadtdirek­tor Burkhard Hintzsche. Gemeinsam mit den Vertretern der Kita-Eltern und der Politik soll nun „zeitnah ein Maßnahmepa­ket geschnürt werden, das die veränderte Lebenswirk­lichkeit berücksich­tigt“.

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