Mit Petition Motorradlärm eindämmen
In Wermelskirchen soll der Stadtrat einen weitreichenden Forderungs-Katalog beschließen.
WERMELSKIRCHEN Schlüpft die Kleinstadt Wermelskirchen bei der Eindämmung des Motorradlärms in eine Vorreiterrolle? Um dem drängenden Problem Herr zu werden, wagen sich Politik und Verwaltung vor, denn seit Jahren klagen Anwohner, die an den beliebten „Rennstrecken“leben, über ohrenbetäubenden Lärm: Der Stadtrat soll einen Forderungskatalog „Gemeinsam gegen Motorradlärm“beschließen. Als erstes Gremium befasste sich der Ausschuss für Bau und Umwelt mit dem Vorschlag und gab eine einstimmige Empfehlung an den Stadtrat. Die Forderungen sind weitreichend. Bernhard Meiski (CDU) gab zu bedenken, dass es eine echte Halterhaftung nicht gebe. Aber Tenor in der Sitzung war: Erst einmal Maximalforderungen stellen. „Als Weckruf an die Verursacher und die Entscheidungsträger“, warb Gereon Stock (CDU) für den Katalog. Dieser solle als eine Art Petition an übergeordnete Behörden und Entscheidungsträger verstanden werden: die relevanten Landes, Bundes- und Europaministerien, Polizei- und Verkehrsbehörden, Straßen NRW, Motorradhersteller und Verbände. Außerdem hofft man, in anderen Kommunen Verbündete zu finden, die sich den Forderungen anschließen. Das sind die Forderungen:
+ Geltung der „neuen EU-Lärmvorschriften für Motorräder“nicht nur für Neufahrzeuge, sondern auch für Altfahrzeuge eventuell nach Ablauf von Übergangsfristen. + Einführung einer absoluten Schallobergrenze für Stand- und Fahrgeräusche von Motorrädern – unabhängig von vorgegebenen Prüfzyklen. Die Obergrenze muss Umwelt- und Gesundheitsbelangen gerecht werden. Die Grenzwerte müssen sowohl für Neuzulassungen als auch für Altfahrzeuge gelten. + Einführung von einfach anzuwendenden, gerichtsfesten Messverfahren, möglichst einsetzbar für den fließenden Verkehr. + Einführung von Frontkennzeichen für Motorräder. + Einführung einer echten Halterhaftung im fließenden Verkehr für verkehrs- und unfallgefährdende Verstöße von Motorradfahrern. Dabei hätte der Halter das Bußgeld zu tragen, wenn der Fahrzeugführer nicht zu ermitteln ist. + Einführung von Sanktionen (Punkte, Geldstrafe/ -buße, Erlöschen der Betriebserlaubnis, Stilllegung, Beschlagnahme u.ä.) mit tatsächlich abschreckender Wirkung bei Immissions- und Geschwindigkeitsverstößen in Anlehnung an die Sanktionen im Nachbarland Niederlande. + Einführung einer jährlichen Pflicht zur Überprüfung der Geräuschemissionen von Motorrä-
„Die Forderungen sind ein Weckruf an die Verursacher und Entscheidungsträger“
Gereon Stock
Bauausschuss-Mitglied (CDU)
dern im Rahmen einer Umweltuntersuchung. + Besondere Berücksichtigung von Straßen durch und an Schutzgebieten bei Maßnahmen gegen Lärmemissionen und Lärmkontrollen wegen ihrer Naturschutzfunktion und als Stätten des ruhigen Naturerlebens. + Einrichtung von Umweltzonen; bestimmte Fahrverbote für bestimmte Fahrzeugtypen in bestimmtem Alter, die die neuen Normen nicht erfüllen.
In der Sitzung betonten Thomas Marner, Technischer Beigeordneter, dass es hier nicht um eine PauschalVerurteilung der Motorradfahrer gehe.
Seit 2016 befasst sich die Verwaltung mit dem zunehmenden Problem des Motorradlärms. Auslöser war die Erstellung des Lärmaktionsplans. Bei der Bürgerbeteiligung stellte sich heraus, dass die Pläne aufgrund ihrer Struktur und Vorgaben das Problem nicht behandeln. Der Stadtrat beschloss trotzdem, den Motorradlärm in den Aktionsplan aufzunehmen und die Verwaltung zu beauftragen, Lärmmessungen durchzuführen, um wirksame Maßnahmen zur Motorradlärmproblematik ableiten zu können.
Außerdem hat sich eine Arbeitsgruppe betroffener Anwohner und dem Bundesverband der Motorradfahrer unter Beteiligung der Kreispolizeibehörde gebildet, die gemeinsam mit der Verwaltung nach Lösungen zur Reduzierung des Motorradlärms sucht. In gemeinsamen Workshops 2017 hat die Arbeitsgruppe unterschiedliche Lösungsansätze erarbeitet, die der Politik vorgestellt wurden. Inzwischen wurden zwei Motorradlärm-Displayanzeigen inklusive Leitpfostenzählgeräten beschafft und installiert. Die Standorte wechseln alle sechs Wochen zwischen den neuralgischen Lärm-Punkten. Außerdem wird hinter den Displaystandorten gemessen, ob sich die Rückmeldung auf Geschwindigkeit und Lärm der Motorräder auswirkt.