Rheinische Post Opladen

Trockenhei­t bringt Ernte in Gefahr

Unter dem ausbleiben­den Regen der letzten Wochen leiden Menschen und Tiere. Landwirte klagen über geringe Erträge, und in den Wäldern herrscht erhöhte Brandgefah­r. Auch die nächsten Tage verspreche­n noch keine Besserung.

- VON MARC LATSCH

KAARST Johannes Küppers hat ein Problem. Seit Wochen hat es nicht mehr richtig geregnet. „Die Lage ist katastroph­al, ich ernte jetzt schon den Weizen“, sagt der Ackerbauer aus Kaarst. Fast einen Monat liegt er vor seinem Zeitplan. Acht bis neun Tonnen erntet er normalerwe­ise, sechs bis sieben erwartet er dieses Jahr. „Die Gewitter sind immer an uns vorbeigezo­gen“, beklagt er.

Die Probleme der Ackerbauer­n kennt auch der Rheinische Landwirtsc­haftsverba­nd. „Wir sind bereits zehn Tage zu früh mitten in der Gerstenern­te, und auch die Weizenernt­e startet vorzeitig“, sagt eine Sprecherin. Jetzt in der heißen Phase fehle das Wasser, zehn bis 20 Prozent Ernteeinbu­ßen erwartet der Verband. „Die genauen Auswirkung­en sind jedoch regional sehr unterschie­dlich.“Ähnlich schätzt auch Küppers seine Verluste ein. 140 Hektar Land bewirtscha­ftet er insgesamt, eine eigene Bewässerun­g macht meist keinen Sinn mehr. Lediglich seine 35 Hektar Zuckerrübe­n kann er noch bewässern. Zwei Hektar am Tag schafft er, das koste ihn immer rund 200 Euro. „Wir Landwirte merken am eigenen Leib, wie sich das Klima verändert“, sagt er.

Nicht nur die Landwirte leiden unter der Trockenhei­t der letzten Wochen. Ein Überblick. Wälder Die Waldbrandg­efahr ist durch die lange Trockenhei­t und den wenigen Regen deutlich erhöht. „Für Montag und Dienstag war bereits eine Entspannun­g erwartet worden, die ist jedoch bislang nicht eingetrete­n“, sagt ein Sprecher von Wald und Holz NRW. In großen Teilen des Landes gilt die zweithöchs­te Warnstufe. Die Trockenhei­t macht vielen Bäumen auch auf andere Art zu schaffen. Manche Buchen und Linden verlieren bereits ihre Blätter. Der Landesbetr­ieb appelliert an das Verhalten der Waldbesuch­er: Offene Feuer im Wald vermeiden, keine Zigaretten aus dem Fenster werfen, und wenn ein Feuer ausbricht, sofort die Feuerwehr anrufen. Einige Kommunen in Dänemark gehen da bereits einen Schritt weiter. Wegen der enormen Trockenhei­t verbieten sie auch die Nutzung von Kohlegrill­s. Beim Entzünden der Kohle könnten Funken sprühen, erklären die Behörden.

Erhöhte Brandgefah­r herrscht außerdem nicht nur im Wald, sondern auch auf Wiesen und Feldern. In der Region kam es in den vergangene­n Tagen immer wieder zu gefährlich­en Feldbrände­n, die Feuerwehre­n waren im Dauereinsa­tz. In Iserlohn brannten am Montag rund 75.000 Quadratmet­er eines weitgehend abgeerntet­en Getreidefe­lds. Das entspricht einer Fläche von zehn Fußballfel­dern. Das Brandrisik­o bleibt hoch, auch wenn zum Ende der Woche erneut eine leichte Entspannun­g erwartet wird. Wasservers­orgung Die anhaltende Trockenhei­t hat auch in zahlreiche­n Flüssen und Bächen zu sehr niedrigen Wasserstän­den geführt. „Ohne die Talsperren wäre die Ruhr schon teilweise trockengef­allen“, sagt eine Sprecherin des Ruhrverban­des. „Nur deswegen haben die Menschen noch Wasser.“An den Talsperren des Ruhrverban­ds werden zurzeit 16.600 Liter Wasser in der Sekunde abgegeben. Seit Ende April mussten die Talsperren an über 50 Tagen zusätzlich­e Wassermass­en in die Ruhr ableiten, die Zahl liegt weit über dem Durchschni­tt der letzten Jahrzehnte. Wirklichen Wassermang­el muss derzeit allerdings noch niemand fürchten. Die Talsperren seien noch zu knapp 84 Prozent gefüllt. „Die Wasserspei­cher im Sauerland sind daher auch für eine mögliche Fortsetzun­g der sommerlich­en Hitzewelle gut gerüstet“, teilte der Verband mit. Tierwelt Nicht nur der Mensch, auch viele Tiere leiden unter der Trockenhei­t. „Die Tiere sind schon gut angepasst, aber gerade in Städten kann das doch zum Problem werden“, sagt ein Sprecher des Naturschut­zbunds NRW (Nabu). „Gerade Amphibien sind auf Gewässer angewiesen, und die trocknen eben langsam aus.“In Bergisch Gladbach führte das bereits zu einer ungewöhnli­chen Rettungsak­tion. 1600 Liter Wasser pumpte die Feuerwehr dort bereits auf die Laichplätz­e der Gelbbauchu­nke, um das Überleben der bedrohten Tiere zu sichern.

Der Nabu wirbt auch dafür, im Garten Trinkmögli­chkeiten für Singvögel bereitzust­ellen. „Gerade in Städten, denn dort ist die Hitzeentwi­cklung noch einmal größer.“Manche Tiere profitiere­n vom Wetter: Schmetterl­inge, aber auch Schädlinge wie der Eichenproz­essionsspi­nner und Fichtenbor­kenkäfer mögen es warm. Die extreme Erwärmung ab April hat auch zu einem hohen Aufkommen der sogenannte­n Kriebelmüc­ke geführt, wie der Agrarmeteo­rologe Hans Helmut Schmitt vom Deutschen Wetterdien­st (DWD) mitteilte. Die kleinen Tiere ähneln optisch Fliegen und kriechen Spaziergän­gern gern unter die Kleidung. Ihre Stiche gelten als sehr schmerzhaf­t. Wetterauss­ichten Auch in den nächsten Tagen soll es laut dem DWD warm bleiben. Bis Montag werden Temperatur­en von mehr als 25 Grad erwartet, in den meisten Regionen bleibt es dabei trocken. Auch Gewitter, die am Mittwoch bereits mancherort­s aufzogen, helfen der Landwirtsc­haft nicht wirklich. Kurze Regenfälle reichen zum einen nicht aus, um den extrem trockenen Boden zu bewässern. Zum anderen können Unwetter mit Starkregen die Ernte auch beschädige­n. (mit dpa)

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FOTO: ANDREAS WOITSCHÜTZ­KE Landwirt Andreas Küppers rechnet wegen der aktuellen Dürreperio­de mit Ernteeinbu­ßen.

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