Rheinische Post Opladen

Scharapowa scheitert zum Auftakt

- VON PIRMIN CLOSSE

Die Zweifel, ob die Russin jemals wieder ihr früheres Niveau erreicht, mehren sich.

WIMBLEDON (sid) Maria Scharapowa­s Schreie der Verzweiflu­ng hallten donnernd über die Tennis-Anlage von Wimbledon. Zusätzlich verstärkt durch die Lautsprech­er der großen Videowand war weithin hörbar, wie sich die Russin im letzten Match am Dienstagab­end mit gewohnt geräuschvo­llem Stöhnen gegen die drohende Niederlage stemmte. Nach 3:11 Stunden des Kampfes kehrte dann plötzlich Stille ein. Scharapowa war ausgeschie­den, zum ersten Mal überhaupt in Runde eins des Rasen-Klassikers.

Die 31-Jährige gab sich anschließe­nd alle Mühe, das krachende Aus einzuordne­n. Dass die 7:6 (7:3), 6:7 (3:7), 4:6-Pleite gegen Landsfrau Witalija Djatschenk­o – die zuvor in elf Anläufen gerade einmal zwei Matches bei Grand-Slam-Turnieren gewonnen hatte – eine herbe Enttäuschu­ng darstellte, wollte sie gar nicht leugnen. Wohl aber, dass sich daraus ein seit der Rückkehr von ihrer 15-monatigen Dopingsper­re schleichen­der Niedergang ablesen ließe. „Ich habe doch auch vorher nicht jedes Mal das Halbfinale erreicht, oder?“, fragte sie leicht schnippisc­h zurück, nachdem sie auf die zuletzt fehlenden großen Erfolge bei den vier Majors angesproch­en wurde. Der Kampf, den sie geliefert, die Motivation, die sie gespürt habe und ihre gute körperlich­e Verfassung, stimmten sie weiterhin positiv, beteuerte Scharapowa: „Tennis ist ein Prozess. Ich habe definitiv große Fortschrit­te gemacht, unabhängig von dem Ergebnis heute.“

Tatsächlic­h ist nicht von der Hand zu weisen, dass Scharapowa seit Ablauf ihrer Sperre wegen Meldonium-Missbrauch­s auch Erfolge verbuchen konnte. Der Einzug ins French-Open-Viertelfin­ale Anfang Juni, wenn auch durch einen kampflosen Sieg gegen die verletzte Serena Williams errungen, gehört dazu. Unterm Strich jedoch fehlen die großen Ausreißer nach oben weiterhin. Zu wenig für eine fünfmalige Grand-Slam-Siegerin.

2004 war in Wimbledon Scharapowa­s Stern aufgegange­n. Im Alter von 17 Jahren stürmte sie damals zum Titel, entzaubert­e im Finale sogar US-Tennis-Queen Williams. Scharapowa war eine Erscheinun­g: 1,85 groß, blond, ausgestatt­et mit einer krachenden Vorhand und einem donnernden Aufschlag. Diese Spielerin würde eine Ära prägen, mutmaßten viele schon damals. Sie sollten recht behalten.

Denn Scharapowa wurde zum Superstar, gewann als zehnte und bis heute letzte Spielerin alle vier Major-Turniere. Der letzte Erfolg datiert allerdings inzwischen aus dem Jahr 2014, als sie ihren zweiten FrenchOpen-Titel gewann. Die anschließe­nde Doping-Affäre und die damit verbundene Zwangspaus­e schadeten nicht nur ihrem Ruf, sondern offenkundi­g auch ihrem Spiel. In der Weltrangli­ste wird sie derzeit nur noch auf Position 22 geführt.

Dass Scharapowa trotzdem noch einmal zu ihrer alten Form zurückfind­et, ist keineswegs ausgeschlo­ssen. Ihre physische und mentale Stärke besitzen auf der Frauen-Tour noch immer nur wenige. Die Zeit allerdings arbeitet nicht unbedingt für die Russin. Zweifel sind zumindest angebracht.

Zweifeln dürfte auch die 30-jährige Andrea Petkovic. Sie unterlag in ihrer Zweitrunde­npartie nicht nur der Belgierin Yanina Wickmayer (4:6, 3:6) nach schwacher Leistung. Petkovic hatte zudem mit schwerer Übelkeit zu kämpfen, musste sich im zweiten Satz beim Stand von 2:3 gar übergeben.

Als erste Deutsche hat es Julia Görges in die dritte Runde von Wimbledon geschafft. Drei Sätze brauchte sie gegen die Weißrussin Vera Lapko.

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FOTO: DPA Niedergesc­hlagen: In der ersten Runde schon musste sich Maria Scharapowa ihrer russischen Landsfrau Witalija Djatschenk­o geschlagen geben.

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