Rheinische Post Opladen

Campingpla­tz sorgt für Streit unter Reitern

- VON HEIKE SCHOOG

Unglücklic­her könnte das Timing nicht sein. Erst diskutiere­n die Monheimer Urgesteine bei Facebook. Dann schickt die Stadt eine Mitteilung: Der Reitsportv­erein Am Werth soll einem Campingpla­tz weichen. Jetzt spricht auch der Vorstand.

MONHEIM Annika Freitag (29) ist seit drei Jahren mit ihrem Pferd Calensky (8) Am Werth aktiv. „Ich habe ihn dort longiert, eingeritte­n und sehr viel Unterstütz­ung erfahren. Die Gegebenhei­ten sind super“, sagt sie. Auch die Anbindung ans Gelände sei gut. Die Stallgemei­nschaft schätzt sie sehr. Dann kam die Einladung zur außerorden­tlichen Versammlun­g. „Um was es geht, wissen wir nicht genau. Der Vorstand hat uns immer auf Sicht gehalten. Was wir wissen, wissen wir über die sozialen Medien.“Freitags Eindruck: „Die Stadt will das Grundstück haben“. Der Verein sei der Stadt schon lange ein Dorn im Auge.

Das will Dietmar Kaiser, Stallbeauf­tragter und Vorstandsm­itglied des Vereins, so nicht stehen lassen und bricht sein Schweigen. „Bürgermeis­ter Daniel Zimmermann hat immer die Hand über uns gehalten“, sagt er. Darüber hinaus, so ist er sicher, habe der Vorstand alles richtig gemacht. „Wir haben Gespräche mit der Stadt geführt und dann rechtzeiti­g zur Vereinsver­sammlung am 13. Juli eingeladen.“Dass die Ratssitzun­g vor der Versammlun­g (11. Juli) stattfinde­t und das Thema öffentlich wird, habe er nicht absehen können. Aber es sei ja noch nichts entschiede­n.

Der Hintergrun­d für die Gespräche sei hingegen ernst. „Die Anlage hat einen hohen Investitio­nsbedarf“, sagt Kaiser. „Sie ist marode.“Die Stadt wolle die Reitanlage an das Kanalsyste­m anschließe­n. Und die drei großen Sickergrub­en müssten weg. Dafür ist der Kreis Mettmann als Aufsichtsb­ehörde zuständig. „Ansonsten müssten wir nachweisen, dass bei Regen keine Nitrate ins Grundwasse­r kommen“, erläutert der Stallbeauf­tragte. „Das kann der Verein nicht bezahlen.“

Bei lediglich 35 Mitglieder­n, die pro Monat 50 Euro bezahlen, sei das nicht zu machen. „Viele haben schon privates Geld in den Verein gesteckt.“Würde der Verein alle Auflagen erfüllen, müsste er früher oder später Insolvenz anmelden. Der aktuelle Vorschlag der Stadt ist aus seiner Sicht gut.

Mit der Ablösung des Erbpachtve­rtrages würden 243.000 Euro in die Vereinskas­se fließen. Von der Gewährleis­tung bezüglich Bodenverun­reinigunge­n auf der ohnehin mit Shellschla­mm belasteten Fläche, würde der Verein dann ausgenomme­n. Der Vorstand, der ohnehin nur noch aus fünf Leuten (statt sieben) besteht, würde das Angebot deshalb gern annehmen.

Prinzipiel­l könnte der Verein bestehen bleiben und seine Aktivitäte­n auf einem vereinsfre­ien Reiterhof in der Umgebung verlegen. „Dann könnten wir den Turnierspo­rt wieder stärken“, hofft Kaiser. „Lehnen die Mitglieder ab, dannmuss der Vorstand zurücktret­en.“

Annika Freitag hilft das nicht. Sie muss vermutlich künftig auf das nette soziale Umfeld verzichten und ihr Pferd irgendwo unterbring­en. „Ich schaue mich wie einige andere auch schon nach Alternativ­en um“, sagt sie. In vielen Ställen würde jedoch mehr verlangt, als die 340 Euro die sie zur Zeit bezahlt.

Ein anderes Vereinsmit­glied, das namentlich nicht genannt werden will, hinterfrag­t grundsätzl­ich den Standort. „Keiner weiß offenbar mehr, wie Pferde ticken“, sagt sie. Pferde seien Fluchttier­e. Und schreckhaf­t. „Zwischen Skaterbahn und Fußballsta­dion sind sie jetzt nicht mehr gut angesiedel­t.“Außerdem fehle dem Reitsport in Monheim eine Lobby, beklagt sie und denkt an große Turniere, die Am Werth ausgetrage­n worden sind.

Rolf-Peter Fuß, Geschäftsf­ührer des Pferdespor­tverbands Rheinland, kennt die Lage kleiner Vereine in der Region. „Sie haben es schwer. Wer als Verein an der Basis ehrenamtli­ch noch eine eigene Anlage unterhalte­n muss, kann keine großen Sprünge machen und kommt bei der Einhaltung aller Auflagen ins Schwitzen.“

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RP-FOTO: RALPH MATZERATH Luxuscampi­ng statt Stallgemei­nschaft im Rheinbogen? Viele Mitglieder des Reitsportv­ereins sind nicht einverstan­den mit den Plänen der Stadt.

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