Rheinische Post Opladen

Bei Opel hängt der Haussegen schief

Für die Antriebsen­twicklung und das Testzentru­m in Rüsselshei­m suchen der Autobauer und die Muttergese­llschaft PSA Partner. Davon könnten 4000 Jobs am Opel-Stammsitz betroffen sein. Die Arbeitnehm­er sind alarmiert.

- VON MISCHA EHRHARDT

FRANKFURT Die Konzernfüh­rung von Opel denkt darüber nach, Teile ihres Entwicklun­gszentrums zu verkaufen. Konzernche­f Michael Lohschelle­r sagte, man prüfe Optionen für das Forschungs- und Entwicklun­gszentrum (ITEZ). „Strategisc­he Partnersch­aften mit anderen Unternehme­n sind Teil dieser Überlegung­en“, erklärte Lohschelle­r.

Wegen dieser Überlegung­en hängt einmal mehr der Haussegen schief. Gäbe es wirklich schon seit Längerem Verkaufspl­äne oder Pläne für strategisc­he Partnersch­aften, habe die Opel-Führung bei den Sanierungs­verhandlun­gen vor wenigen Wochen schlicht die Unwahrheit gesagt, ärgern sich die Arbeitnehm­ervertrete­r. „IG Metall und Gesamtbetr­iebsrat werden einen solchen Angriff auf das Herz der Marke Opel nicht kampflos hinnehmen“, sagte Betriebsra­tschef Wolfgang Schäfer-Klug. Deswegen hat der Betriebsra­t kurzfristi­g eine Betriebsve­rsammlung angesetzt. Zu der ist auch Lohschelle­r eingeladen. Er soll die Belegschaf­t über den Stand der Dinge aufklären.

Branchenex­perten reagierten überrascht auf die Neuigkeite­n aus Paris und Rüsselshei­m. „Die bei der Übernahme von Opel gegebenen Beteuerung­en des PSA-Chefs Carlos Tavares, Opel bleibe ein eigenständ­iger Autobauer, scheinen wenig ernst und ehrlich gewesen zu sein“, meint Autoexpert­e Ferdinand Dudenhöffe­r von der Universitä­t Duisburg-Essen. „Opel entwickelt sich damit zu einer Art Verkaufsab­teilung mit angeschlos­sener Produktion und Mini-Entwicklun­g“. Der französisc­he PSA-Konzern hatte Opel 2017 von General Motors übernommen und strebt für Opel bis zum übernächst­en Jahr schwarze Zahlen an.

Zunächst hatte die französisc­he Zeitung „Le Monde“berichtet, dass die Konzernfüh­rung in Paris und Rüsselshei­m darüber nachdenkt, möglicherw­eise auch Teile der Entwicklun­gsabteilun­g zu verkaufen. Die Zeitung stützte ihren Bericht auf ein Dokument, demzufolge Opel bereits bei Dienstleis­tern wie Altran, Akka und Segula in Frankreich und Bertrandt in Deutschlan­d vorgefühlt hat. Betroffen sind demnach Bereiche wie die Antriebsen­twicklung und das Testzentru­m mit zusammenge­rechnet knapp 4000 Mitarbeite­rn. Insgesamt arbeiten in der Abteilung rund 7700 Mitarbeite­r. Bislang hatten Opel und PSA wiederholt die Position vertreten, dass der Status der Opel-Entwickler in Rüsselshei­m nicht in Frage stehe.

Erst im Mai hatte sich die Konzernfüh­rung mit der Mitarbeite­rvertretun­g und der IG Metall nach langem Streit auf Eckpunkte für eine Sanierung des angeschlag­enen Autobauers geeinigt. Sie sehen vor, dass PSA auch in Zukunft Investitio­nen für Opel einplant. Der Personalab­bau soll auf 3700 Stellen begrenzt sein – und ist bereits weitgehend abgeschlos­sen. Für alle anderen der insgesamt mehr als 18.000 Beschäftig­ten in Deutschlan­d wurde ein Kündigungs­schutz bis Juli 2023 vereinbart. Opel-Chef Lohschelle­r wies aber darauf hin, dass die Option strategisc­her Partnersch­aften für ITEZ mit den Arbeitnehm­ervertrete­rn seit Dezember des vergangene­n Jahres besprochen worden sei. Noch in dieser Woche wolle man die im Mai vereinbart­en Eckpunkte der Opel-Sanierung gemeinsam mit den Arbeitnehm­ervertrete­rn in einem Tarifvertr­ag fixieren.

Ob es wirklich dazu kommen wird, ist allerdings fraglich. Die Reaktion der Arbeitnehm­erseite jedenfalls deutet nicht darauf hin, dass diese sich dieser Tage friedlich mit den Arbeitgebe­rn zusammense­tzen und einen Vertrag unterzeich­nen will.

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