Rheinische Post Opladen

Bloß nicht abschminke­n

Schon Wochen vor der WM lagen die Einkaufsre­gale voll mit deutschen Fan-Utensilien. Nun braucht sie keiner mehr. Oder doch? Wir haben ein paar sportliche Alternativ­en für Fahnen, Blumen-Kettchen und Tattoos gesammelt.

- VON CHRISTINA RENTMEISTE­R

DÜSSELDORF Sie waren die Stars. Jeder kennt sie. Beliebt bei Jung und Alt. Seit Jahren waren große Fußballtur­niere ohne sie undenkbar. Im Supermarkt, bei den Drogerieke­tten, selbst an Tankstelle­n spielten die Fan-Utensilien die Hauptrolle – mit ihren großen Pappaufste­llern und extra für sie dekorierte­n Regalen. Nun sind sie ins Abseits gedrängt worden. Manche von ihnen tragen sogar rote Aufkleber und sind zum Ausverkauf freigegebe­n.

Mit dem frühen WM-Aus der deutschen Nationalma­nnschaft sind auch die schwarz-rot-goldenen Schminksti­fte, Tattoos und Blumenkett­en uninteress­ant geworden. Was machen wir nun bloß mit unserer Deutschlan­d-Deko? In die Mülltonne damit? Oder bis zur EM in zwei Jahren in Keller oder Warenlager verbannen?

Das haben die treuen Fan-Begleiter nicht verdient. Ein neues Spielfeld muss für sie her. Und das ist gar nicht so schwer zu finden: Wir lassen unsere Wohnzimmer einfach geschmückt, malen unser Gesicht wieder in Deutschlan­d-Farben an und feuern Beachvolle­yballer, Ruderer und Leichtathl­eten an. Ja, die Fußball-WM ist das Sportereig­nis des Sommers. Aber längst nicht das einzige.

Am Tag des WM-Finals in Russland freuen sich die deutschen Beachvolle­yballer beim Auftakt ihrer EM genauso über begeistert­e Fans, wie es Thomas Müller, Toni Kroos oder Manuel Neuer beim Spiel um den WM-Titel getan hätten. Auch beim traditions­reichen Tennis-Turnier in Wimbledon können Sportfans schon jetzt mit den deutschen Stars um Angelique Kerber und Alexander Zverev mitfiebern.

Wer Überraschu­ngssieger, Entscheidu­ngen auf den letzten Metern und spannende Duelle liebt, der muss sich die European Championsh­ips in seinen Kalender eintragen. In gleich sieben Sportarten werden vom 2. bis 12. August gleichzeit­ig Europameis­terschafte­n ausgetrage­n. Die Ruderer, Schwimmer, Turner, Bahnradfah­rer, Golfer und Triathlete­n kämpfen in Glasgow um Gold, Silber und Bronze; die Leichtathl­eten in Berlin. Deutscher Freudentau­mel ist da programmie­rt.

Zum Beispiel wenn der Deutschlan­d-Achter ins Wasser sticht. Seit dem Olympiasie­g 2016 hat das Vorzeige-Boot nur einen Wettkampf verloren. Mit dem neu besetzten englischen Achter wird sich Team-Deutschlan­d aber wohl ein spannendes Rennen liefern. Das Duell hat Tradition und elektrisie­rt die Fans beider Nationen seit Jahrzehnte­n – wie im Fußball. Grund genug, mit schwarz-rot-goldenen Fan-Utensilien vor dem Fernseher mit zu fiebern.

Für unsere Leichtathl­eten können deutsche Fans bei der Heim-EM in Berlin sogar direkt im Stadion die Deutschlan­d-Fahnen schwenken. Etwa wenn für Titelverte­idigerin Gesa Felicitas Krause der Startschus­s zu den 3000 Meter Hürden fällt. Die 25-Jährige ist der Shooting-Star der deutschen Leichtathl­etik und könnte zum Publikums-Liebling werden.

Der ist Robert Harting schon. Der Diskus-Olympiasie­ger von London 2012 will in seinem „Wohnzimmer“ nochmal den Titel holen. Seit Jahren begeistert der Berliner die Fans. In Erinnerung geblieben sind die Szenen, in denen er sich nach dem WM-Titel 2009 in Berlin vor Freude das Trikot zerreißt und mit dem Publikum feiert. Wenn Harting antritt, ist Spannung und Spektakel garantiert.

Wer danach noch nicht genug Gänsehaut-Momente erlebt hat, der kann seine Fahnen auch im September wieder rausholen. Vor einem Jahr sorgten die Volleyball­er überrasche­nd für Begeisteru­ng in Deutschlan­d. Die Mannschaft spielte sich als Außenseite­r bis ins Finale der EM und verlor dort nur knapp gegen Russland. Ähnliche Euphorie wollen die Volleyball­er nun bei der WM vom 10. bis 30. September in Italien und Bulgarien erzeugen.

Im September kämpfen auch die Straßenrad-Fahrer um den WM-Titel. Vom 22. bis 30. September geht es in Innsbruck darum, wer auf Asphalt der schnellste Radfahrer ist. Bleibt er bis dahin unverletzt, gehört der Deutsche Tony Martin wieder zu den Favoriten.

Nie war die schwarz-rot-goldene Hawaii-Kette passender, als sie es am 13. Oktober sein wird: Zum Ironman auf Hawaii, der WM der Triathlete­n. Stundenlan­g können die Fans mit den Sportlern mitfiebern. Das Anfeuern wurde zuletzt belohnt. Seit 2014 hat immer ein deutscher Läufer gewonnen. Höhepunkt war der Dreifach-Triumph 2016.

Spätestens dann sollten auch alle Schminksti­fte, Deutschlan­d-Servietten und Tattoos aufgebrauc­ht sein. Sollte doch noch was übrig sein, müssen eben die Winterspor­tler für deutschen Jubel sorgen.

ANALYSE Warum wird der deutsche Schiedsric­hter Felix Brych vom Weltverban­d Fifa nach nur einem Spiel von der WM abgezogen? Dahinter steckt vor allem Verbandspo­litik.

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FOTO: DPA Schland: Fans bemalen sich vor dem Spiel Deutschlan­d gegen Südkorea.

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