51379 – wenn die Postleitzahl Kunst wird
Friedrich Engstenberg ist ein Feind der Langeweile. Wie sich das auf seine Werke auswirkt, ist in einer Kurzschau beim Kunstverein zu sehen.
SCHLEBUSCH Still aber stetig arbeitet Friedrich Engstenberg auch weit nach seinem 80. Geburtstag in seiner typischen Handschrift, die sich in einem halben Jahrhundert kaum gewandelt hat. Das zeigt die Ausstellung mit Arbeiten aus fünf Jahrzehnten, die von heute bis Sonntag in den Schloss-Remisen aufgebaut ist.
Dort rückt der Kunstverein Lever- kusen Schloss Morsbroich den Bildhauer, der seit dem Jahr 2000 sein Atelier im Opladener Künstlerbunker hat, in den Mittelpunkt. Es ist, nach dem Start mit Harry Plein, die zweite Folge einer neuen Reihe, die zwischen den normalen Wechselausstellungen ein „Lokales Fenster“öffnet. Zu sehen sind darin für je ein Wochenende die Arbeiten eines Leverkusener Künstlers.
Eine Ausstellung aufzubauen, das bedeutet immer viel Arbeit, aber für den Senior der Bunker-Künstler war es zudem körperlich ziemlich anstrengend, denn 1,5 Tonnen bringen die aufgebauten Skulpturen auf die Waage, die er alle aus dem Atelier in der dritten Etage tragen musste. Abgesehen davon hat er noch die erforderlichen weißen Sockel und diverse Arbeiten auf Papier zum Schloss Morsbroich gebracht. Doch diese Schwerstarbeit, die im Übrigen auch hinter der Herstellung mancher gewichtigen Skulptur steckt, sieht man den Werken nicht an. Nicht einmal den kompakten kleinen Bronzen, die von einigen seiner Eisenkonstruktionen gegossen wurden, wie der goldfarbene Stier aus dem Jahr 2005. Diese Figur ist typisch für Engstenbergs klare Stringenz. Im Wesentlichen besteht sie aus drei dicken rechteckigen Platten, von denen die mittlere so verschoben ist, dass die Körperform erkennbar ist. Wie hier reduziert der Bildhauer grundsätzlich die Teile seiner Skulpturen auf geometrische Grundformen und erforscht dabei, was unbedingt nötig ist.
Manchmal hat das vorgefundene Material eine Idee ausgelöst, bei aller gebotenen Strenge auch mit viel Humor umgesetzt, der sich nicht selten im Titel zeigt. Spielerisch jonglierte er mit Zahlen aus geschwärztem Eisendraht, die er wie Artisten aneinander schweißte. 51379 – es ist die Postleitzahl des Künstlerbunkers, zu dem vermutlich auch der eingefügte Schlüssel passt.
Die Arbeit von 2009 gehört zu einer Serie von besonders luftig gebauten plastischen Werken, die beim Kunstverein an die Wand geschraubt wurden und schwerelos zu schweben scheinen. Durch die Beleuchtung ergänzen jeweils ein hellerer und ein dunklerer Schatten die eigentlichen Metallkonstruktionen in der Mitte. So wirkt das Ganze wie ein Scherenschnitt. Ganz nach den Regeln des Kubismus gebaut ist sein „Spielendes Kind“von 2008, das fast die Körpergröße des Schöpfers hat.
Im gleichen Jahr baute der Bildhauer das völlig reduzierte Pendant daneben. „Kann sein, dass ich nächste Woche wieder so arbeite“, erklärt er, dass es keine abgeschlossenen Schaffens-Phasen gibt wie etwa bei anderen Kollegen. Engstenberg bevorzugt den Wechsel und möchte sich nicht festlegen, denn: „Das ist mir sonst zu langweilig“, sagt er überzeugt.