Rheinische Post Opladen

Was die Streiks bei Ryanair bedeuten

In fünf Ländern haben Gewerkscha­ften Streiks bei Ryanair angekündig­t — das könnte auch hiesige Flüge treffen. Außerdem startet in Deutschlan­d eine Urabstimmu­ng. Reisende können nur teilweise auf Schadeners­atz hoffen.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF Bei Europas größtem Billigflie­ger Ryanair steht der Ausfall vieler Flüge bevor. Piloten am Firmensitz Dublin haben Streiks für Donnerstag nächster Woche angekündig­t, weil sie sich gegen unter anderem gegen den plötzliche­n Wechsel des Einsatzort­es wehren wollen. Für Ende des Monats hat das Kabinenper­sonal in Belgien, Italien, Spanien und Portugal einen zweitägige­n Streik angedroht, sofern sich die Arbeitsbed­ingungen nicht verbessern. Und in Deutschlan­d bereitet die Pilotengew­erkschaft Vereinigun­g Cockpit mit einer Urabstimmu­ng bis Ende des Monats einen möglichen Arbeitskam­pf vor. „Die Arbeitnehm­er bei Ryanair und anderen Airlines werden wegen des Personalma­ngels selbstbewu­sster“, sagt Luftfahrte­xperte Heinrich Großbongar­dt, „auf Dauer wird das wohl auch zu höheren Preisen führen.“

Obwohl die Streiks erst einmal nur von ausländisc­hen Crews gestartet werden, könnten sie auch Flüge nach und von Deutschlan­d treffen. „Ryanair betreibt eine europäisch­e Flotte“, so Großbongar­dt, „da können auch hierzuland­e Flüge ausfallen, weil die Mitarbeite­r ja flexibel eingesetzt werden“.

In Weeze führt Ryanair zwar die meisten der Flüge mit sechs dort stationier­ten Jets und ihren Crews durch, aber einige Flüge aus Rom, aus Pisa, aus Mallorca oder auch aus Gran Canaria werden mit dort stationier­ten Jets durchgefüh­rt. Ab Köln werden 19 Routen angeflogen ein Jet kommt am Morgen aus Mailand, könnte also theoretisc­h ausfallen. In Düsseldorf wird mindestens eine Strecke nach Mallorca mit einem dort stationier­ten Jet betrieben. Und beim Ferienflie­ger Laudamotio­n kommen zehn der 19 Jets von Ryanair. Laudamotio­n erklärt, die Flüge seien nicht bedroht durch Streiks im Ausland, doch was bei einem deutschen Streik passieren würde, ist unsicher.

Reisende, deren Flüge ausfallen könnten, können nur umbuchen, wenn sie eine ausdrückli­che Option dafür gebucht haben. Dies erklärt Felix Methmann, Jurist der Verbrauche­rzentralen. Er weist auf das große Problem für viele Betroffene­n hin, die ein nicht umbuchbare­s Ticket haben: „Flüge werden bei Streiks meistens erst spät abgesagt. Dann ist es schwer, kurzfristi­g ein Ersatztick­et erhalten.“

Zudem würden die Reisenden bei einem Streik nur den Preis der bisherigen Buchung zurückerha­lten, wogegen das kurzfristi­ge Reserviere­n eines Ersatztick­ets meistens viel teurer sei. Schadeners­atz zusätzlich zur Erstattung des Flugpreise­s gibt es nicht, so Methmann: „Das sieht das EU-Recht bei Streiks nicht vor.“Als Ergebnis können Arbeitskäm­pfe die Passagiere also viel Geld kosten.

Arbeitnehm­er müssen sich bei ihrem Arbeitgebe­r unverzügli­ch melden, sofern sich die Rückkehr aus dem Urlaub wegen ausgefalle­ner Flüge verzögert. Darauf macht Anwalt Julius Reiter aufmerksam. Dabei müsste dem Arbeitgebe­r auch mitgeteilt werden, wann eine Rückkehr zu erwarten ist. Außerdem müssen Beschäftig­te die Heimreise antreten, sofern eine andere Option zumutbar ist. Der Arbeitgebe­r ist dann keineswegs verpflicht­et, das teurere Ticket mitzufinan­zieren. „Das Wegerisiko trägt alleine der Arbeitnehm­er“,so Reiter.

Ein Streik kann auch genutzt werden, um länger am Ferienort zu bleiben, aber nur unter einer Bedingung: „Einer Verlängeru­ng des Urlaubs muss der Arbeitgebe­r zustimmen“, so Anwalt Reiter, „sonst wäre ein eigenmächt­iges längeres Fernbleibe­n Grund für eine Abmahnung.“

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Eine Boeing 737 von Ryanair

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