Rheinische Post Opladen

Afghanisch­es Mädchen wird im Remigius behandelt

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VON MONIKA KLEIN OPLADEN In ihren neuen Spezialsch­uhen kann sich Safya fast genauso gut fortbewege­n wie andere Zehnjährig­e. Das sah ganz anders aus, als sie im Februar 2017 mit dem 75. Hilfseinsa­tz von Friedensdo­rf Internatio­nal zusammen mit rund 100 anderen verletzten Kindern aus Afghanista­n und Zentralasi­en zur medizinisc­hen Versorgung nach Deutschlan­d kam. Vermutlich aufgrund eines Verkehrsun­falls hatte sich nach mehreren Operatione­n in Afghanista­n eine ausgeprägt­e, mehrfach fistelnde Knochenent­zündung des linken Schienbein­s und des Sprunggele­nks mit multiresis­tenten Keimen entwickelt.

Die waren in Safyas Heimat in der Provinz ebenso wenig therapierb­ar wie die offenen eitrigen Wunden. Hier wurde zunächst der Keim isoliert und die Wunden ausgeheilt, erklärt Priv.-Doz. Dr. Ralf Decking, der mit seinem Team im Opladener St.-Remigius Krankenhau­s die Behandlung übernommen hatte. Nicht zum ersten Mal übrigens, es gibt eine langjährig­e Zusammenar­beit mit dem Friedensdo­rf in Oberhausen. Die Kosten übernimmt in solchen Fällen der Katholisch­e Träger.

In den Therapiepa­usen lebte Safya im Friedensdo­rf, wo sie während der anderthalb Jahre ziemlich gut Deutsch gelernt hat. Nun freut sie sich riesig, ihre Familie bald wiederzuse­hen. Am 20. August soll der nächste Hilfstrans­port nach Afghanista­n fliegen, dann gehört sie zu jenen, die geheilt zurückkehr­en. Etwas Sorge hat sie um ihre nagelneuen schwarz-weißen orthopädis­chen Schuh, weil die zu Hause schmutzig werden könnten. „Das sind gute Schuhe, die kannst du putzen“, beruhigt sie Decking. Kostenlos angefertig­t von OrthoLev, die ebenfalls als verlässlic­he Partner in solchen Fällen bekannt sind. 1500 Euro wäre der Normalprei­s, sagt Geschäftsf­ührer Alkuin Pérez.

Ralf Decking zeigt Safya die Röntgenbil­der (in Afghanista­n kostet eines einen ganzen Monatslohn) von ihrem Bein und zeigt auf die Unterschie­de. Das erste Bild zeigt den zerstörten und mehrfach gebrochene­n Unterschen­kelknochen, der komplett wurde. Mit Material aus dem Beckenkamm und Knochenmat­erial aus der Knochenban­k wurde anschließe­nd der Unterschen­kel neu aufgebaut und das Bein durch einen externen Fixateur ruhig gestellt. Sechs Operatione­n musste das Mädchen über sich ergehen lassen, aber sie bekam ganz besondere Pflege. „Unsere Schwestern adoptieren diese Kinder immer ein bisschen“, erzählt Decking. Auch von anderen Patienten werden sie verwöhnt und mit Süßigkeite­n überhäuft.

Weil es in der Vergangenh­eit schon einige Fälle für den Zahnarzt um die Ecke gab, der Friedensdo­rf-Patienten ebenfalls kostenlos behandelt, übten die Schwestern mit Safya das Zähneputze­n morgens und abends. Die ungeliebte­n Gehhilfen möchte die Zehnjährig­e am liebsten hier lassen. Aber die soll sie, um das Bein zu schonen, weiter benutzen, wenn sie für die Nacht die Schuhe ausgezogen hat, schärft ihr Ralf Decking ein. Denn das kranke Bein ist zwei Zentimeter kürzer, was durch den Schuh ausgeglich­en wird, der ebenso dem verletzten Sprunggele­nk Halt gibt. Und das Bein wird nicht genauso wachsen wie das rechte.

Deswegen wird Safya wahrschein­lich mit 13 Jahren zu einer Folgebehan­dlung wieder kommen. Aber jetzt geht es erstmal nach Hause – endlich.

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FOTO: RALPH MATZERATH Alkuin Perez-Schneider und Ralf Decking (v.l.) haben Sayfa im Opladener Krankenhau­s geholfen.

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