Rheinische Post Opladen

„Quadratsch­ädel“Maguire: Vom Fan zum WM-Torschütze­n

- VON THOMAS HÄBERLEIN UND JÖRG SOLDWISCH

MOSKAU/SAMARA (sid) Vor zwei Jahren reiste Harry Maguire den Three Lions noch als Fan hinterher und erlebte deren Desaster mit. Damals schwor er sich: Nicht mit mir. Jetzt macht er sein Verspreche­n wahr.

An einem ernüchtern­den Montagaben­d vor gut zwei Jahren leistete Jacob Harry Maguire einen Schwur. Sollte er aus irgendeine­m unerklärli­chen Grund irgendwann einmal dieses Trikot mit den drei Löwen vorne auf der Brust tragen dürfen, dann würde so etwas nicht passieren. Nein, England würde nicht untergehen. Jedenfalls nicht so leidenscha­ftslos wie gerade bei der EM gegen Island! Auf gar keinen Fall. Es war der 27. Juni 2016, und Jacob Harry Maguire hatte eine Mission.

Die hat ihn mittlerwei­le weit gebracht – bis ins Halbfinale der Weltmeiste­rschaft in Russland. Dort trifft Maguire mit England am Mittwoch (20 Uhr/ZDF und Sky) auf Kroatien.

Im Sommer vor zwei Jahren war Maguire bereits ein anständige­r Fußballer. Gut, aber nicht gut genug, um für England zu spielen. Also reiste er kurzerhand seinen Brüdern Joe und Lawrence sowie zwei Kumpels nach Frankreich hinterher. Am 20. Juni sah er in Saint-Etienne das Spiel zwischen England und Frankreich, einen fürchterli­chen Langeweile­r (0:0). Aber Maguire fand‘s klasse. „Es war fantastisc­h, die Stimmung im Stadion und in der Stadt war unglaublic­h. Ich bin so froh, dass ich dort war.“

Vor allem aber konnte Maguire nachvollzi­ehen, was es bedeutet, wenn Menschen Zeit und Geld für die Three Lions aufbringen. „Ich bin mir der Opfer total bewusst geworden. So eine Reise kostet unglaublic­h viel Geld und Energie. Schon allein deshalb war die Reise nach Frankreich eine lehrreiche und ungeheuer wertvolle Erfahrung für mich“, versichert er. Und sieben Tage nach seinem Erweckungs­erlebnis beschloss er: Sollte ich mal für die Three Lions spielen dürfen, gebe ich den Fans etwas zurück.

Seit dem Sommer vor zwei Jahren hat sich Maguire von einem guten Verteidige­r bei Hull City zu einem sehr guten bei Leicester City entwickelt. Einem, der es nicht nur rustikal kann, sondern der im vergangene­n Jahr zu den 30 besten Passgebern der Premier League gehörte. Einem, der jetzt erst zehn Länderspie­le für die Three Lions bestritten hat und schon nicht mehr wegzudenke­n ist aus dieser Mannschaft. Teammanage­r Gareth Southgate bezeichnet­e ihn als „Gigant“.

Seine Mitspieler nennen Maguire liebevoll „slab-head“, in etwa: Quadratsch­ädel. Am Samstag in Samara hat Maguire seine 194 Zentimeter und 100 Kilogramm in die Luft gewuchtet und das 1:0 für England gegen Schweden erzielt (Endstand 2:0), eben mit diesem kantigen Schädel. Die Jungs, mit denen er noch vor zwei Jahren in der Kurve stand, rasteten aus. Wäre er auch – wenn er noch dort gestanden hätte. Aber jetzt muss er ja England retten.

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FOTO: DPA Harry Maguire jubelt.

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