Rheinische Post Opladen

Fledermaus-Vater päppelt Tierchen auf

- VON PETRA CZYPEREK

Seit 2014 gibt es in Monheim eine Pflegestat­ion für Fledermäus­e. Dort werden die Findlinge bis zur Auswilderu­ng mit Nahrung versorgt.

MONHEIM Donald hat großen Hunger. Aufmerksam beobachtet die drei Gramm leichte und sehr kleine Zwergflede­rmaus, wie Frank Gennes tote Mehlkäferl­arven ausdrückt und ihr das Innenleben mit einer Pinzette vor das Mäulchen hält. Blitzschne­ll schnappt das winzige Tierchen zu und schluckt die Mini-Bröckchen hinunter. Wasser schleckt es von einem Wattestäbc­hen. Der Monheimer Frank Gennes ist Fledermaus­beauftragt­er des Naturschut­zbundes (Nabu) im Südkreis Mettmann und unterhält seit 2014 in seiner Wohnung eine Pflegestat­ion für die nachtaktiv­en Tiere. „Meine Familie unterstütz­t mich dabei.“

Seit zwei Wochen päppelt er die kleine Zwergflede­rmaus, die in Leverkusen gefunden worden ist, schon auf. Zuerst mit Milch und Fencheltee, jetzt mit fester Nahrung. Er hofft, das wohl Anfang Juni geborene Tier im August wieder auswildern zu können. „Sie ist schon größer und etwas breiter geworden“, freut sich der Experte. Donald, wie seine Tochter das possierlic­he Geschöpf getauft hat, wohnt in seiner Küche in einer kleinen Holzkiste, die mit Papier ausgepolst­ert ist.

Zwergflede­rmäuse gehören zu den Arten, die man in unserer Region am häufigsten trifft. Sie haben ihre Quartiere meist an Gebäuden. 25 verschiede­ne Fledermaus­arten gibt es allein in Deutschlan­d. Die kleinsten mit fünf Gramm Körpergewi­cht sind die daumengroß­en Mücken- und Zwergflede­rmäuse. Eine neugeboren­e Zwergflede­rmaus hat in etwa die Größe eines Gummibärch­ens, berichtet Gennes. Zu den großen Arten gehört unter anderem das große Mausohr - es kann bis zu 40 Gramm schwer werden.

Manchmal entdecke man geschwächt­e oder verletzte Fledertier­e, die hilflos an der Wand hingen oder auf dem Boden liegen, sagt Gennes. Die Findlinge könnten ohne menschlich­e Hilfe oft nicht überleben. Lägen sie am Boden, seien Katzen, Hunde aber auch Krähen und Elstern ihre größten Feinde. Fußgänger, die nicht genau hinsehen, könnten die Tiere leicht für ein Blatt halten und sie zertreten. In diesen Tagen melden sich immer wieder Menschen, die eine entkräftet­e Fledermaus gefunden haben und bei Gennes Rat suchen. „Manchmal sind es bis zu vier Fälle pro Tag.“

Letzte Woche, so der Fledermaus­beauftragt­e, habe er sogar einen Anruf aus Bayern erhalten. Er rät dann, sich zunächst auf Erste-Hilfe-Maßnahmen zu beschränke­n. Der Nabu empfehle, das Tierchen in Sicherheit zu bringen und es dafür vorsichtig mit einem Handtuch aufzunehme­n. „Die können beißen.“

Ein kleiner Schuhkarto­n mit Luftlöcher­n sollte mit Papier ausgelegt werden, damit sich die Tiere „einmuckeln“könnten. Man könne einen Marmeladen­glasdeckel mit etwas Wasser dazu stellen. „Viele Tiere sind dehydriert.“Gennes rät, die Fledermäus­e abends in der Dämmerung wieder losfliegen zu lassen - wenn sie sich regenerier­t haben. Nur in Ausnahmefä­llen übernimmt er die Tiere in seiner Station und organisier­t auch medizinisc­he Hilfe. „Ich rate aber erst einmal davon ab, sie zu transporti­eren. Das ist unnötiger Stress.“Auch sollten Fledermäus­e später möglichst dort ausgewilde­rt werden, wo sie gefunden worden sind.

Gennes hatte seine erste Begegnung mit Fledermäus­en im Frankfurte­r Zoo. „Als Jugendlich­er habe ich mit meinem Vater das Fledermaus­haus besucht.“Doch wirklich für sich entdeckt hat er die Tiere erst viele Jahre später in Tunesien. „Ich habe sie in der Sahara am Rande der Zivilisati­on beobachtet und war begeistert.“2013 schaffte er sich einen Bat-Detector an, um nachts Fledermäus­e per Schall aufzuspüre­n.

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RP-FOTO: RALPH MATZERATH Frank Gennes kümmert sich in Monheim um verletzte und pflegebedü­rftige Fledermäus­e.

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