Rheinische Post Opladen

Es geht immer nur ums Geld

US-Präsident Trump stellt den Alliierten ein Ultimatum, Bundeskanz­lerin Merkel will höhere Ausgaben prüfen. Am Ende gibt sich Trump versöhnlic­h.

- VON MARKUS GRABITZ

BRÜSSEL Donnerstag­morgen sieht es so aus, als stehe die Nato kurz vor dem Zusammenbr­uch. Hinter verschloss­enen Türen droht US-Präsident Donald Trump am zweiten Tag des Gipfels mit Alleingäng­en der USA in der Zukunft. So setzt er seine Alliierten unter Druck, schneller ihre Verteidigu­ngsausgabe­n hochzufahr­en als geplant. Er verlangt, „unverzügli­ch“zwei Prozent der jeweiligen Wirtschaft­sleistung des Landes für Verteidigu­ng auszugeben. Ansonsten würden die USA ihr eigenes Ding machen. Wie zu hören ist, gibt er auch ein konkretes Zahlungszi­el aus. Im Januar müsse die Zwei-Prozent-Marke von allen erreicht sein. Damit zieht Trump die Schraube an: 2014 in Wales hatte die Nato vereinbart, dass alle Mitglieder sich bis 2024 der Marke annähern würden. Immer und immer wieder pickt Trump sich Deutschlan­d heraus, geißelt auf Twitter oder in direkter Ansprache, dass dieses „reiche Land“zu wenig für die Nato zahle.

Nato-Generalsek­retär Jens Stoltenber­g beruft dann eine Krisensitz­ung des Nordatlant­ikrats ein. Die 29 Staats- und Regierungs­chefs werden gebeten, ihre Handys abzugeben. Ihre Kollegen aus der Ukraine und Georgien, die zuvor an den Beratungen teilgenomm­en hatten, müssen den Saal verlassen. Gerüchte machen die Runde, Trump habe hinter verschloss­enen Türen mit dem Austritt der USA aus der Allianz gedroht. Bestätigt ist, dass Trump dabei erneut Handelsfra­gen mit der Diskussion um die Verteidigu­ngsausgabe­n verbunden hat.

Auch kommt er wieder auf deutsche Automarken zu sprechen. Gegen 12 Uhr ist die Runde beendet. Bundeskanz­lerin Angela Merkel weicht später der Frage eines Journalist­en aus, ob Trump in der Runde tatsächlic­h mit dem US-Austritt gedroht habe. Sie sagt, man habe eine „sehr grundsätzl­iche Diskussion“über die Lastenteil­ung in der Nato gehabt. Sie habe für Deutschlan­d deutlich gemacht: „Wir wissen, dass wir mehr tun müssen.“ Sie stellt auch in Aussicht, mehr Geld in die Verteidigu­ng zu investiere­n: „Wir werden darüber reden müssen, inwieweit wir mehr in Ausrüstung geben.“Merkel zeigt Trump auch Grenzen auf. Sie hat ihm erklärt, dass Deutschlan­d zweitgrößt­er Truppenste­ller in Afghanista­n ist. Die Nato sei aber „keine Einbahnstr­aße“, es gehe um „gegenseiti­ges Helfen und Stärken“.

Als der Gipfel dann zu Ende geht, sieht alles plötzlich nicht mehr so dramatisch aus. Trump gibt sich versöhnlic­h, lobt ausdrückli­ch Deutschlan­d. Vergessen hat er seinen Furor über die Gaspipelin­e Nord Stream 2 aber nicht: Er habe das Thema angesproch­en. Man werde nun sehen, was damit passiert. Er nimmt bei seiner Pressekonf­erenz für sich in Anspruch, durch geschickte­s Agieren den Gipfel zu einem großen Erfolg verholfen zu haben. „Die Nato ist jetzt viel stärker als zwei Tage zuvor“, so Trump. Amerika sei vorher nicht fair behandelt worden von den Alliierten. „Jetzt und in Zukunft werden wir es“, verkündet er und legt ein Bekenntnis zur Allianz ab: „Ich glaube an die Nato.“Er habe den Alliierten enorme Zugeständn­isse abgerungen: „Die Leute zahlen jetzt Geld, das sie nie zuvor gegeben haben.“Deutschlan­d habe zugestande­n, „es in Zukunft deutlich besser zu machen“.

Er habe den Verbündete­n Zusagen über 33 Milliarden Dollar abringen können, sagt Trump. Auf die Frage, ob damit gerechnet werden müsse, dass er sich wie jüngst beim G7-Gipfel vom Nato-Kommuniqué wieder distanzier­en würde, winkt Trump ab: „Ich bin sehr konsistent, ich bin ein sehr stabiles Genie.“

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FOTO: DPA Typisch Trump. Beim Nato-Gipfel in Brüssel fand der US-Präsident wohlwollen­de Worte – für sich: „Ich bin sehr konsistent, ich bin ein sehr stabiles Genie.“

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