Rheinische Post Opladen

Gericht: Menschenhä­ndler arbeiteten für Bordell

- VON SABINE MAGUIRE

Menschenha­ndel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung: So steht es in der Anklagesch­rift, die gestern vor dem Wuppertale­r Landgerich­t verlesen wurde.

Die Vorwürfe gegen zwei Männer aus Nigeria wiegen schwer. Sie sollen vier junge Frauen aus Nigeria nach Deutschlan­d geschleust und hier zur Prostituti­on gezwungen haben.

Zwei davon sollen länger als ein Jahr in einem Erkrather Bordell gewohnt und gearbeitet haben. „Sie sollten ihre Zeit mit nichts anderem als mit Prostituti­on verbringen“, gab der zuständige Staatsanwa­lt einen Einblick in die Abläufe. Kaum war der Freier aus dem Zimmer, sollen die nun Angeklagte­n vor der Türe gestanden haben, um das Geld zu kassieren. Zweifel der Frauen bis hin zur Weigerung wurden mit Druck und Einschücht­erungen unterdrück­t.

Das Druckmitte­l: Ein Schwur der Frauen, den sie noch in Nigeria geleistet hatten. Dafür war ihnen Blut abgenommen worden, um es mit abgeschnit­tenen Haaren und Fingernäge­ln zu vermischen. Das ganze kam in einen Schrein und wurde beschworen. Die Drohung: Würden sich die Frauen nicht freikaufen, wären sie selbst und ihre Familien in Gefahr.

Zwischen 35.000 und 50.000 Euro sollte jeden von ihnen jeweils zahlen, um sich und ihre Familie freizukauf­en. Dafür wurden sie von den Angeklagte­n über Frankreich und Amsterdam nach Deutschlan­d geholt.

Mit gefälschte­n Papieren wurden sie von einer bislang unbekannte­n Mittäterin in Nigeria in ein Flugzeug gesetzt, während die beiden Männer auf dem Flughafen warteten, um die 19 und 20 Jahre alten Frauen ins Bordell zu bringen.

Dort wurden sie mit „Arbeitskle­idung“ausgestatt­et – so liest es sich zumindest in der Anklagesch­rift. Wie viel Geld 50.000 Euro sind, sei ihnen erst hier klar geworden. Die Angeklagte­n hätten die Hilflosigk­eit ihrer Opfer ausgenutzt, so die Staatsanwa­ltschaft. Man habe sie gezwungen, auch mit Schmerzen weiterzuar­beiten. Arztbesuch­e seien nur im Beisein der Angeklagte­n möglich gewesen, die dafür eine gefälschte Krankenkar­te vorgelegt hätten

Hinzu sei noch gekommen, dass die beiden Männer die Frauen in eine Liebesbezi­ehung gelockt hätten, um sie später zum „Anschaffen“zu zwingen. Zwei der Frauen sind Zwillingss­chwestern, eine dritte soll von einem der Angeklagte­n schwanger sein. Dieser wiederum ließ gestern von seinem Anwalt eine Einlassung verlesen, in der er jede Schuld bestreitet. Die Frauen hätten auf eigenen Wunsch nach Deutschlan­d kommen wollen, von irgendwelc­hen Voodoo-Ritualen habe er nichts gewusst.

Ebenso wenig will er sie überwacht und abkassiert haben. Er habe zwar Geld von den Frauen genommen – allerdings nur, um es dann an deren jeweilige Familien zu überweisen. Ins Rollen war die Angelegenh­eit gekommen, weil es polizeilic­he Durchsuchu­ngen und eine Steuerfahn­dung in dem Erkrather Bordell gegeben hatte. Einem Geschäftsf­ührer war Steuerhint­erziehung in Millionenh­öhe vorgeworfe­n worden.

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