Rheinische Post Opladen

7745 Beschwerde­n gegen Airlines

Ryanair-Piloten wollen am 20. und 24. Juli erneut streiken. Das ist kein Einzelfall. 45 Prozent mehr Passagiere haben sich wegen Verspätung­en im Luftverkeh­r bei einer Schlichtun­gsstelle beschwert.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF Nach ihrem Streik am Donnerstag wollen die Piloten von Ryanair auch am 20. und 24. Juli die Arbeit niederlege­n. Sie solle jeweils für 24 Stunden ruhen, erklärte die Gewerkscha­ft. Kein Einzelfall. Insgesamt haben die vielen Verspätung­en im europäisch­en Flugverkeh­r zur massiven Zunahme an Beschwerde­n bei der Schlichtun­gsstelle für den öffentlich­en Personenve­rkehr (SÖP) geführt, wie diese nun mitteilte. Danach sprang die Zahl der Kunden, die sich über eine Airline beschwerte­n, weil diese für eine Verspätung oder einen Flugausfal­l keine oder zu wenig Kompensati­on zahlen wollte, um 45 Prozent auf 7745 Fälle (erstes Halbjahr) an. Von Januar bis März wurden die Vorjahresz­ahlen nur leicht überschrit­ten. Doch im Mai sprang die Zahl der Eingaben von 720 im Vorjahr auf 1354 Fälle, im Juni sogar von 780 Fällen auf 2074.

Für den starken Anstieg seien sicher auch die seit einigen Monaten auftretend­en Unregelmäß­igkeiten im nationalen und europäisch­en Luftverkeh­r verantwort­lich, stellte SÖP-Chef Heinz Klewe fest. „Die Kunden spüren die negativen Folgen der zahlreiche­n Flugverspä­tungen und Flugannull­ierungen hautnah und verlangen auf Basis der europäisch­en Passagierr­echte dafür einen finanziell­en Ausgleich.“

Dabei habe eine Reihe von Problemen zu den Verspätung­en und Stornierun­gen geführt. Die Airlines weisen darauf hin, dass Engpässe bei der Flugsicher­ung dazu führen, dass aus kleineren Verzögerun­gen größere Verspätung­en werden. Das läge daran, weil die Flugsicher­ung zu wenig Personal habe. Immer wieder Streiks von Fluglotsen in Frankreich und Italien provoziert­en gerade an Wochenende­n viele Flugausfäl­le. Außerdem meldeten die Fluggesell­schaften ungewöhnli­ch viele Unwetter – dann werden Jets häufig umgeleitet.

Die Pleite von Air Berlin hat die Krise weiter verschärft: Weil mehr als 50 Jets inklusive Mannschaft­en bei Eurowings neu integriert werden müssen, fielen bei der Lufthansa-Tochter massenhaft Flüge aus – bei Laudamotio­n (Ryanair) und Condor war die Lage nicht viel besser.

Besonders betroffen von Verspätung­en war der Airport Düsseldorf. Der Hauptgrund: Eurowings hat in der NRW-Hauptstadt die mit Abstand größte Zahl an Flugzeugen stationier­t. Außerdem hat Düsseldorf besonders knappe Kapazitäte­n gemessen an der Nachfrage nach Flugrechte­n.

Die SÖP meint, sie würde häufiger angerufen, weil ihre Bekannthei­t gestiegen sei. Die Schlichtun­gsquote, das ist der Anteil der Fälle mit einer verbindlic­hen Streitbeil­egung, erhöhte sich im ersten Halbjahr bei den Fluggesell­schaften auf 81 Prozent (Gesamtjahr 2017: 76 Prozent) und bei der Bahn auf 80 Prozent (2017: 73 Prozent). Rund 360 Verkehrsun­ternehmen beteiligen sich an dem Schlichtun­gsverfahre­n, das sie selbst finanziere­n. Im Bahnverkeh­r gab es von Januar bis Juni 1473 Anträge auf Schlichtun­g – also deutlich weniger als im Luftverkeh­r.

Der Vorteil der Schlichtun­gsstelle im Gegensatz zu Klagefirme­n wie EU-Claim oder Flightrigt ist, dass die Kunden eine mögliche Entschädig­ung komplett behalten dürfen. Wenn sie sich dagegen von den privaten Unternehme­n vertreten lassen, wollen diese mindestens 20 Prozent der Entschädig­ung für sich.

Aus diesem Grunde rät der Bundesverb­and der Verbrauche­rzentralen geschädigt­en Fluggäste dazu, es auf eigene Faust zu versuchen und die SÖP bei Ärger mit einer Airline einzuschal­ten.

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